„In 80 Tagen um die Welt“

In Düsseldorf als phantastisches Balladen-Theater

von Andreas Rehnolt

Foto © Sebastian Hoppe
„In 80 Tagen um die Welt“

von Peter Jordan für die Bühne bearbeitet

In Düsseldorf
als phantastisches Balladen-Theater
 
Der Abenteuerroman von Jules Verne „In 80 Tagen um die Welt“ hat am vergangenen Sonntag als phantastisch-komödiantisches Balladen-Theater in Düsseldorf die Zuschauer begeistert. Peter Jordan hatte den 1873 erschienen Erfolgsroman für das Theater bearbeitet, Leonard Koppelmann setzte es im vollbesetzten Theaterzelt faszinierend in Szene. Die Bühne so rund wie Welt kommt mit erstaunlich wenig Requisite aus. Dias und kurze Filmsequenzen in einem riesigen Bilderrahmen und auf einem um die Bühne gezogenen transparentem Vorhang versetzen die Zuschauer mal nach Paris, mal auf einen Dampfer, mal in ein Luftschiff oder in den Bau eines Wals.
Die gut zweieinhalbstündige Aufführung kommt mit sage und schreibe nur sieben grandiosen Darstellern aus, die bis auf den Forscher Phileas Fogg (very british: Torben Kessler) und seinen Diener Passepartout (Jonas Friedrich Leonhardi, enorm sprachbegabt) in viele unterschiedliche Rollen schlüpfen müssen, darunter Judith Bohle als die zauberhafte, Molly (vergoldet wie bei Goldfinger). Natürlich kommt die Düsseldorfer Weltreise nicht 1:1 auf die Bühne. Molly ist hier eine von Fogg erschaffene bildhübsche Androidin, die sich im Verlauf der Reise in zahlreiche Frauenfiguren verwandelt und Fogg immer wieder aus gefährlichen Situationen rettet.
 
Von London aus geht's nicht über den Ärmelkanal, sondern durch einen Tunnel darunter nach Paris. Ein Halt am Moulin Rouge, wo der stämmige Thiemo Schwarz als wunderbare Tänzerin für Entzücken sorgt. Mit dem TGV geht die Reise zunächst nach Deutschland, das laut Passepartout mit der Anspielung auf den Flüchtlingsstrom 2015 „das einzige Land auf der Welt ist, in das man ohne Erlaubnis reinkommt“. Die Machtergreifung Hitlers dauert bis zum verlorenen Krieg gefühlte 30 Sekunden. Dann sind wir auf dem Balkan, in Italien, Griechenland und in Ägypten.
Dort läßt sich Fock vom fiesen Intriganten Fixx (köstlich: Andreas Grothgar), der den Ablauf der Reise immer wieder sabotiert, wüstenuntaugliche Kamele andrehen. Kurz vor dem Verdursten wird das Trio von Wüstenbewohnern gerettet. Extrem komisch wie sich in dieser Etappe Schiiten, Sunniten, Drusen und andere Völkerstämme wegen ihres Vorgehens in die Haare geraten. Die Flucht gelingt mit Hilfe des Luftschiffers Nick. Von oben sehen die Reisenden dann Syrien, den Irak, Afghanistan und Pakistan. Überall Zerstörung, Detonationen und Krieg.


v.l.: Kessler, Bohle, Leonardi - Foto © Sebastian Hoppe

Schließlich landet man in Indien, wo es gelingt, Molly vor einer Witwenverbrennung zu retten. In Nordkorea besteigt das Trio eine Rakete, die es tatsächlich bis nach China schafft. In Honkong fällt Fogg erneut auf den verkleideten Fixx herein. Ein Opiumrausch mit bunten Halluzinationen ist die Folge. Fogg trifft hier auf einen riesigen Drachen und erfährt, daß der „das einzige Tier in ganz China ist, das es nicht auf der Speisekarte gibt.“ Die Weiterfahrt mit einem Schiff scheitert. Stattdessen werden die Weltreisenden von einem Wal verschlungen,
in dessen Bauch sie den biblischen Propheten Jona, die Holzpuppe Pinocchio und den Meeresforscher Jaques Cousteau treffen. Es gibt köstliche Wortspielereien um das Thema Glauben, bis der Wal die Weltreisenden ausspuckt und die Zuschauer nach anderthalb Stunden pausenloser spielerischer Ekstase in die Pause entläßt.
 

v.l.: Kessler, Leonardi - Foto © Sebastian Hoppe

Die zweite Hälfte der Weltreise ist nicht mehr ganz so faszinierend. Fogg, Passepartout und Molly landen am Südpol, wo sich Russen und Japaner darum streiten, wer sie als Gefangene internieren sollte. Die Rettung kommt durch den zur beweglichen Basis umgebauten Wal Moby Dick. Es geht ums weltweite Netz, um Außerirdische und plötzlich befindet sich das Trio auf dem Mond. Durch Löcher im All finden sie zurück auf die Erde - ausgerechnet nach Amerika. Dort tobt gerade ein Wahlkampf, den nicht Donald Trump, sondern der Prophet Jona gewinnt.
Ganz am Ende kommen die Reisenden noch rechtzeitig in der Londoner Akademie der Wissenschaften an, wo die Reise „In 80 Tagen um die Welt“ als Wette ausgemacht worden war. Eine tuntige Queen ernennt Fogg zum neuen Leiter der Akademie, der hat sich nach anfänglichem Zaudern in Molly verliebt und schmettert mit ihr zum Ende der großartigen Inszenierung einen kitschig-musicalhaften „Together“-Song.
Der Beifall im Theaterzelt ist überwältigend und echt verdient. Er verteilt sich auf wunderbare Schauspieler, einen einfallsreichen Regisseur und tolle Bühnenbildner sowie für phantasiereiche Kostüme.
 
Weitere Vorstellungstermine: 1.,2.,3.,8.,9. und 15. Oktober.
Internet: www.dhaus.de
 
Redaktion: Frank Becker