Das Große Egal

Axel Hacke / Michael Sowa - „Die Tage, die ich mit Gott verbrachte“

von Robert Sernatini

Titel: Michael Sowa
Das Große Egal
 
Es fällt schwer, nach Hanns Dieter Hüschs Dinslakener Ausflügen mit Gott eine andere augenzwinkernde Materialisierung der Dreifaltigkeit gelten zu lassen. Genau das ist das Hindernis, das sich bei der Lektüre des kurzweiligen, ideenreichen Bändchens „Die Tage, die ich mit Gott verbrachte“ von Axel Hacke auftut. Axel Hacke entwirft das Bild eines vordergründig normalen Alltags, übersieht man mal großzügig seinen Büro-Elefanten. In diesen Alltag läßt er einen älteren Herrn einbrechen, der sich durch allerlei Schnickschnack, scheinbare Taschenspielertricks und veritable Wunder schließlich als Gott, der HErr zu erkennen gibt, der zu ersten Mal seit dem von ihm initiierten Urknall vor 20 Milliarden Jahren die Erde aufsucht. Mehrere Tage lang erscheint ER nun unserem Erzähler, begleitet ihn durch wahre Phantasie-Orgien von Carrollschen Alice-Dimensionen, läßt sonderbare Situationen entstehen, Dinge auftauchen und verschwinden, spielt mit Zeit und Raum und verstrickt seinen irdischen Begleiter in Gespräche über philosophische und tiefenpsychologische Fragen. ER erzählt von seiner Unzufriedenheit mit der Schöpfung Erde/Mensch, zu der er sich erst nach sechs Milliarden Jahren Bedenkzeit hatte entschließen können – ein Versuch nach diversen früheren Schöpfungs-Spielereien. Nun beklagt ER seine eigene Unzulänglichkeit, seine Einsamkeit und muß sich dem Zweifel des Autors am göttlichen Prinzip stellen. Ist das Große Egal als Lebensprinzip tragfähig?
 
Axel Hackes Phantasie treibt skurrile Blüten in Form erdachter göttlicher Wunder – oder sollten wir lieber sagen: alberner Effekthaschereien um der menschlichen Aufmerksamkeit willen? Michael Sowa hat die Ideen in großartige, punktgenaue Bilder umgesetzt, die, so ist meine Auffassung, das Beste an diesem originellen Versuch sind. Gerne lassen auch amerikanische Filmemacher gelegentlich Gott auftreten, um dessen weise Allmacht zu zeigen – Morgan Freeman scheint wie gemacht für diese Rolle, oder war das umgekehrt? Das alles ist recht unterhaltsam, doch an die Basis des Glaubens und seine alltägliche Funktion rührt das eine wie das andere nicht. Wie oben gesagt: Hanns Dieter Hüschs frei von Effekthascherei erdachte Dinslakener Ausflüge mit Gott bleiben in ihrer Bescheidenheit und ihrem leisen Humor unerreicht. Daran muß Axel Hackes Buch (wir schätzen ihn sonst sehr) mit all seiner Philosophie und Psychologie sich messen lassen – es erreicht das Ziel jedoch nicht.
 
Wer an Gott glaubt und von dem Gedanken fasziniert ist, ER könne unauffällig die Erde besuchen, in den Alltag eintauchen, dabei Erkenntnisse mitnehmen und hinterlassen, dem sei ein anderes eben erschienenes Buch aus dem Bonifatius Verlag empfohlen: „Wie ich mit Gott eine Matratze kaufte“ von Erwin Grosche.
 
Axel Hacke / Michael Sowa - Die Tage, die ich mit Gott verbrachte
© 2016 Verlag Antje Kunstmann, 104 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
Illustrationen von Michael Sowa  -  ISBN 978-3-95614-118-8
18,- €
 
Weitere Informationen: www.kunstmann.de