Mnemosyne

Anne & Patrick Poirier im Sklupturenpark Wuppertal

von Jürgen Kasten

„Memoria Mundi“ - Foto © Frank Becker
Mnemosyne

Anne & Patrick Poirier im Sklupturenpark Wuppertal
 
Mnemosyne war die Tochter des Uranus und der Gaia. Sie gilt als „Göttin der Erinnerung“, auch „Göttin des Gedächtnisse“ oder „Mutter der Musen“ genannt. Dazu sagt das französische Künstlerpaar Poerier: „Den Interessenschwerpunkt unserer Arbeit bildet von Anfang an DIE ERINNERUNG, sei sie persönlich oder kollektiv, mit ihren Spuren, ihrer Zerbrechlichkeit, ihrer Architektur, ihrer Funktionsweise. Stück um Stück suchen wir in tastenden Erkundungen und sukzessiven Forschungen, diese Erinnerung zu ergraben und ihr Gestalt zu verleihen, suchen wir, diese geheimnisvolle Instanz, die unser Dasein bestimmt, zu verstehen. Im Laufe der Jahre haben wir unterschiedliche visuelle und räumliche Metaphern benutzt im Bemühen, uns die Struktur dieser schwer fasslichen Memoria zu vergegenwärtigen, die Sigmund Freud selbst im Bestreben, ein Bild für sie zu finden, mit einer in Trümmern liegenden Stadt verglich.“
 
Während ihres Studiums Anfang der 60er Jahre in Paris lernten sich Anne und Patrick Poirier kennen. Sie erhielten beide kurz darauf ein Stipendium in der römischen Villa Medici, wo sie bis 1971 lebten und arbeiteten. Beide interessierten sich für Architektur und Archäologie; aber nicht im wissenschaftlichen Sinne, sondern mehr atmosphärisch. Sie wollten erspüren, was Menschen früher gemacht und gedacht hatten, nahmen an Ausgrabungen versunkener Städte im Nahen Osten teil und entwickelten dabei im Laufe der Jahre ihre Kunstform des ERINNERNS, indem sie diese in unterschiedlichen visuellen und räumlichen Metaphern darstellten.
In den beiden Pavillons des Skulpturenparks Waldfrieden sind einige dieser außergewöhnlichen Exponate zu besichtigen. Man muß sich Zeit nehmen, um die Atmosphäre zu erfühlen, die vielen Details aufzunehmen und zu verstehen.
Zentraler Blickfang in der oberen Ausstellungshalle ist die aus Holz gefertigte utopische „Stadt der Erinnerung“ „Mnémosyne 2“ mit den Ausmaßen 900x700x120 cm. Elemente antiker Ruinenstädte sind darin vereinigt: Treppen, Plätze, Säulen, ein Amphitheater u.v.m.

 
 „Mnemosyne 2“ - Foto © Frank Becker
 
Als Kontrast dazu ein schwebendes, UFO-ähnliches Gebilde: „Ouranopolis“, rundherum mit kleinen Bullaugen versehen. Schaut man hindurch, sieht man durch jedes Fenster einen individuell gestalteten Raum von unerhörter perspektivischer Tiefe. Was nimmt der Mensch als Erinnerung mit, wenn er dereinst die Erde verlassen muß? Diese Assoziation kommt einem in den Sinn.
Ein schwarzer Teppich aus Wolle, Seide und Bambusfasern „Alep“ zeichnet den Grundriß einer antiken Stadt nach. Er komplettiert mit zwei Schubladenkommoden „Memoria Mundi“ diesen Ausstellungsraum. In den geöffneten Laden liegen Notiz- und Tagebücher.
„Mnémosyne 1“ in der unteren Ausstellungshalle (bemaltes Holz, 700x550x43 cm) stellt die Verbindung zwischen dem Visuellen und unserem Gedächtnis dar. Die elliptische Form des Objekts und dessen innerer Aufbau gleichen dem Querschnitt unseres Gehirns. Die entsprechenden Zeichnungen an den Wänden der Halle korrespondieren dazu, zeigen die gleiche räumliche Aufteilung im Gehirn wie in  Mnémosyne 1, markieren und beschreiben den Sitz der Erinnerung, der Emotionen und des analytischen Denkens. Als Beispiel sei genannt: „Mnémosyne. Les Archives de l´architecte“ (Bleistift auf Papier und Transparentpapier).

 
 „Ouranopolois“ - Foto © Frank Becker

Dort in der Halle finden sich schließlich noch kleine Arbeiten „Lost Archetypes“ aus Gips  auf Holz, Acrylfarbe, und die große weiße Installation als Triptychon in den Maßen 300 x 600 cm. Als Relief dargestellt wird „Mésopotamie“.

 
 Skizze zu  „Mnemosyne“ - Foto © Frank Becker
 
Anne und Patrick Poirier stellen weltweit in renommierten öffentlichen Sammlungen aus und waren auch auf den Biennalen in Venedig (1976, 1980, 1984) und der documenta 6 (1977) in Kassel vertreten.
Tony Cragg kann mit diesen Künstlern im Skulpturenpark Waldfrieden eine Ausstellung präsentieren, die es in sich hat und dem Denken Anschub gibt.
 
Zu sehen ist sie bis zum 08. Januar 2017.
Skulpturenpark Waldfrieden
Hirschstr. 12 - 42285 Wuppertal
Freitag bis Sonntag 10 – 17 Uhr