30 Jahre Cappella Vocale

Jubiläumskonzert am 11. Nov. 2016 unter der scheidenden Antje Wissemann

von Johannes Vesper

Foto © Johannes Vesper

30 Jahre Cappella Vocale

Jubiläumskonzert am 11. Nov. 2016
unter der scheidenden Antje Wissemann
 
Kaum ist das 50jährige Jubiläum der Bergischen Musikschule vorbei, feiert eines ihrer anspruchsvollsten Ensembles das 30jährige: 1986 gründete Bernd Mischke die Cappella Vocale in der inzwischen abgerissenen Michaelskirche. Vom 14. Jahrhundert an bis hin zu zeitgenössischer Musik,   singt der semiprofessionelle Chor alles: weltliche und geistliche Musik, Gregorianik, Jazz, Unterhaltung, Pop.  Seit dem zu frühen Tod des Chorgründers 2012 leitete Antje Wissemann das Ensemble. Mit einem Jubiläumskonzert verabschiedete sich die ehemalige Kantorin der Michaelskirche (bis 1994), der Christuskirche (1995-2002) und an St. Sixti in Northeim (2002-2010). Sie tritt nach ihrer Tätigkeit als Lektorin für Chormusik beim Bärenreiter-Verlag(201-2015) am 1. Februar 2017 ihre Stelle als Kantorin an St Michaelis in Eutin an.         
 
Mit der Kantate BWV 106 „Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit“ (Actus tragicus) für Sopran, Alt, Tenor und Baß, teils solistisch, teils chorisch in Begleitung von 2 Blockflöten (Julia Belitz), 2 Gamben (Marie Lusie Becker, Lutz Heiwolt)  und Basso continuo (Gudrun Fuß, Violine - Carolina Schwäbl-Martins (Violoncello), Heinz Rudolf Meier (Orgel) wurde  ein Stück „musikalischer Weltliteratur“ (A. Dürr) und einer der ersten Kantaten des damals 22jährigen Johann Sebastian Bach (1685-1750) aufgeführt. Sterben, Erlösung und die  Ehre Gottes werden hier thematisiert. Herrlicher, schlanker  Chorklang  mit breiter Dynamik, strahlenden Soli, akkuraten, engagierten, sauberen Blockflöten und  Gamben über dem souveränen Basso continuo trösteten Herz und Sinn.
Die Sonate in G für Blockflöte (Julia Belitz) und Orgel (Antje Wissemann) entstand ursprünglich vielleicht als Triosonate für Oboe, Blockflöte und Basso continuo. Sie wurde  von Bach aber als Triosonate in Es-Dur für Orgel publiziert und  gilt in ihrer lebendigen Virtuosität als außerordentlich schweres Werk.  Stimmungsvoll erklang das langsamere Siciliano in Moll zwischen den souverän und geschwind perlenden Ecksätzen. Atemlos lauschte das faszinierte Publikum.
 
Zuletzt dann die Musikalischen Exequien zu Ehren des Fürsten Heinrich Posthumus Reuß, der 1634, mitten im 30jährigen Krieg, krank und schwach wie er damals war, seinen Sarg bereits zu Lebzeiten bestellt hatte und Sprüche seiner Wahl zu Tod und Erlösung aus dem Alten und Neuen Testament wie auch den Predigttext darin  eingravieren ließ. Er bat Heinrich Schütz (1585-1672) diese Texte zu seiner Beerdigung zu vertonen. So entstanden die Musikalischen Exequien, mit denen der Chor (im Wechsel dreiteilig, doppelchörig, in solistischer Besetzung) alle seine Qualitäten voll aussingen konnte.  Das Publikum dankte für dieses nachdenkliche Konzert im ehemaligen Kirchenraum der Citykirche (ehemals Alte reformierte Kirche, erbaut  1689, also fast zur  Zeit der Exequien) und der scheidenden Antje Wissemann mit langem und herzlichem Beifall.