Wenn der Wind weht…

Hans-Peter von Peschke – „Invasion der Zukunft“

von Frank Becker

© 2016 Theiss Verlag
Wenn der Wind weht…
 
„Der Weltraum, unendliche Weiten.
Wir schreiben das Jahr 2200. Dies sind die Abenteuer des Raumschiffs
Enterprise, das mit seiner 400 Mann starken Besatzung fünf Jahre
unterwegs ist, um fremde Galaxien zu erforschen, neues Leben und
neue Zivilisationen. Viele Lichtjahre von der Erde entfernt dringt
die Enterprise in Galaxien vor, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat.“
(Vorspann zu Star Trek)
 
Spätestens seit Jules Verne hat die Science Fiction ihren gültigen Platz in der Literatur – und in den Köpfen derer, die an den vorausschauenden, nie endenden Schöpfergeist der Wissenschaft glauben. Vieles von dem, was sich der visionäre Franzose für seine Zukunftsromane an technischen Wundern ausgedacht hat, wurde kaum 50 Jahre später Realität. Andere Autoren wie Edward Bellamy, H.G. Wells und Hans Dominik folgten ihm mit ihren Romanen auf dem Fuße. Wer hätte als Knabe der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nicht „20.000 Meilen unter dem Meer“, „Ein Rückblick aus dem Jahre 2000 auf 1887“, „Die Zeitmaschine“ und „Treibstoff SR“ gelesen.
Einen gewaltigen Schub bekam die SF-Literatur mit den neuen wissenschaftlich-technischen Möglichkeiten, die nach dem 2. Weltkrieg erschlossen wurden – und im „Kalten Krieg“ durch die Spaltung der Welt in zwei erbittert verfeindete Lager, die jeder den anderen zu bedrohen schienen. Die Angst schürte die Phantasie, die Wissenschaft befeuerte das Denken des Machbaren. Hinzu kamen eine verbesserte Astronomie und der schon von H.G. Wells in seinem „Kampf der Welten“ (War of the Worlds) eindrucksvoll präsentierte Glaube an außerirdisches intelligentes Leben.

Das Medium Kino ergänzte den Roman oder setzte ihn in bewegte Bilder um. Man denke an 50er-Jahre-Klassiker wie „Der Tag, an dem die Erde stillstand“, „Der Tag, an dem die Erde Feuer fing“, „The Blob“, „They came fom Ourter Space“ oder „Krieg der Welten“. Romanheft-Serien wie „Perry Rhodan“ und „Atlan“ und Comic Strips wie „Nick der Weltraumfahrer“ machten das Thema für alle Altersgruppen zugänglich und – sprechen wir nur von deutschen Markt – alle großen Buchverlage legten SF-Taschenbuchreihen auf. Autoren wie Isaac Asimov, Robert A. Heinlein, Alfred E. Van Vogt, John Graham Ballard u.v.a.m. entwickelten phantastische Ideen von Endzeit-Szenarien, Raum- und Zeit-Reisen, fremden Intelligenzen, intergalaktischen Kämpfen und Siedlungen auf fernen Planeten. Fernsehserien wie Star Trek oder Invasion von der Wega nahmen sich der Science Fiction in allen nur denkbaren Formen – mit zunehmendem Erfolg bis heute – an und große Kinofilme wie „Close Encounters of the 3rd Kind“, „Star Wars“, „Independence Day“ oder „2001“ (man bedenke, in welchem Jahr wir heute leben) wurden Kassenschlager.
Neben dem Abenteuer auf interstellaren Reisen oder der Angst vor Invasionen aus dem All wurde aber auch das Mißtrauen vor möglichen Auswüchsen der Wissenschaft/Technik zum Gegenstand von Literatur und Film. Die Sorge vor der Nichtbeherrschbarkeit der Produkte menschlichen Erfindergeistes aus Hybris oder in falschen Händen, die düstere Vision vom sozialen Zusammenbruch unserer Gesellschaftssysteme, die aktueller denn je drängende Frage nach der Sicherheit von Kernkraftwerken brachte neue Stoffe auf den Plan. Hier tun sich im Gegensatz zur Spekulation mit Besuchern aus dem All schrecklich reale Gefahren auf, u.a. von Hans H. Ziemann („Explosion im Atomkraftwerk“), Werner Geismar („Cattenom - Das Ende einer Laufzeit“) und Gudrun Pausewang („Die letzten Kinder von Schewenborn“) in ihren aufrüttelnden Romanen oder im Film durch „The Day After“, „Briefe eines Toten“ und in dem Zeichentrickfilm „Wenn der Wind weht“ eindrücklich geschildert.
 
Hans-Peter von Peschke hat sich in seinem brillanten Buch „Invasion der Zukunft“ mit großer Sachkenntnis und systematisch sämtliche Genres von SF-Literatur, -Film, TV- und Romanheft-Serien vorgenommen und ein künftiges Standard-Handbuch für SF-Interessierte geschaffen. Die Kapitel „Technoträume“, „Utopia oder Dystopia“, Kriege und Katastrophen“, „Schöner neuer Mensch“, „Die Welt hinter der Welt“, „Andere Erden“, „Aufbruch ins All“, „Aliens: Freunde oder Feinde“, „Das Erbe des Universums: Ein deutsches Phänomen“, „Allzu irdische Sternreiche“ und „Die Zukunft der Science Fiction“ decken das Spektrum spannend und höchst informativ ab. Ich kann es Ihnen unbedingt empfehlen und habe mich nach der kurzweiligen Lektüre dafür eingesetzt, daß es unsere Auszeichnung bekommt: den Musenkuß.
 
Hans-Peter von Peschke – „Invasion der Zukunft“
Die Welten der Science Fiction
2016 Theiss Verlag – WBG, 319 Seiten, Klappenbroschur, Bibliographie und Register
ISBN: 978-3-8062-3357-5
29,95 €
 
Weitere Informationen:  http://www.wbg-verlage.de