Apropos: Die „Golden Globes“

Ein Kommentar

von Renate Wagner

Apropos: Die „Golden Globes“
 
Die „Golden Globes“ und die geniale Isabelle
 
Ja, die „Golden Globes“ sind fast so wichtig wie die „Oscars“. Darum war es eine große Sache, daß mit „Toni Erdmann“ (ein Film, den ich persönlich seiner exzessiven Künstlichkeit wegen nicht mochte) zumindest eine Teil-österreichische Produktion in die Endauswahl für den besten fremdsprachigen Film kam. Lob und Preise hat es ja schon geregnet, und als „unser“ Burgschauspieler Peter Simonischek als Hauptdarsteller nach Los Angeles flog, gab es „großen Flughafen“ und sicher unendlich viele gedrückte Daumen.
Wenn „Toni Erdmann“ nun „Elle“ unterlegen ist, dann beugt er sich allerdings einem mehr als würdigen Gegner. Denn was der einst für „Basic Instinct“ berühmte Regisseur Paul Verhoeven hier geleistet hat, ist nicht (wie „Toni Erdmann“) ein künstlich-klebriges Märchen über Familienbeziehungen, sondern die messescharfe Analyse einer gnadenlosen französischen Intellektuellenschicht. Und es gibt wenige Schauspielerinnen, die wie Isabelle Huppert in den Abgrund menschlicher Isolation einerseits, klirrender Rücksichtslosigkeit andererseits blicken. Dafür bekam die Huppert hoch berechtigt auch gleich noch den „Golden Globe“ als beste Hauptdarstellerin, und man weiß, daß dergleichen ja doch nicht so leicht an Nicht-Amerikaner geht. Hier offenbart sich einfach ein ganz ganz besonderes filmisches Niveau, und das haben die „Golden Globe“-Juroren (Hollywoods Auslandspresse) erkannt und anerkannt.
 
Im übrigen regnete es fast alle möglichen „Globes“ auf „La La Land“ herab, und das mag auch wieder vom Zeitgeist erzählen: Da legt Regisseur Damien Chazelle über den bitteren Alltag in der Traumstadt Hollywood die Sehnsuchtsschiene des Musicals, konfrontiert Wirklichkeit und Traumwelt, und das ist mit Charme und mit einer gewissermaßen anmutigen Verbeugung vor der Vergangenheit geschehen. Je härter das Leben draußen wird, umso größer sind die Chancen für den Eskapismus im Kino – und nicht immer ist er so herausragend exzellent realisiert wie hier.
Diesmal ist kein Lapsus passiert, der die letzten „Oscars“ überschattete, als die afroamerikanischen Filmemacher sich ausgeschlossen fühlten. Mit „Moonlight“ (bester Film in der Kategorie „Drama“) und „Fences“ (Nominierung für Denzel Washington als bester Hauptdarsteller, Preis für Viola Davis als beste Nebendarstellerinnen) waren zwei Filme unter den Nominierungen, die ausschließlich unter Afroamerikanern spielen.
„Manchester By the Sea“ (Golden Globe für Casey Affleck, Bester Darsteller, Drama) ist eine Arme-Leute-Geschichte, die beste Nebenrolle für Aaron Taylor-Johnson, „Nocturnal Animals“ geht an eine erschreckend-starke Interpretation eines wirklich ruchlosen Verbrechers: Kurz, allen „Glamour“ hat „La La Land“ abgezogen, sonst bevorzugte die Jury durchaus „unangenehme“ Filme, die auch etwas aussagen.
 
Und als sie den Cecil B. DeMille Award für ihr Lebenswerk entgegennahm, hielt sich Meryl Streep nicht an Toni Cupaks Rat, Schauspieler sollten zum Thema Politik den Mund halten. Sie attackierte Donald Trump ganz offen, nicht zuletzt für seine Verhöhnung von Behinderten, für seinen „Instinkt, andere zu demütigen“. Trump konterte natürlich sofort und gewissermaßen achselzuckend – diese liberalen Filmemacher gehen nicht in seiner Welt herum.
Und dennoch – Meryl Streep ist so unangefochten ein Star, daß selbst der Präsident ihrer Stellung wohl nichts anhaben kann. In Rußland oder der Türkei wäre sie mit solchen öffentlichen Aussagen vielleicht nicht so ohne weiteres davon gekommen…
 
Renate Wagner