„Glanz und Elend der Weimarer Republik“

Otto Dix in der K 20 Düsseldorf

von Andreas Rehnolt

 „Glanz und Elend der Weimarer Republik“
Otto Dix in der K 20 Düsseldorf
 
In der Kunstsammlung NRW ist seit Samstag eine große Ausstellung zum Werk des Malers und Graphikers mit engem Bezug zu seinen Düsseldorfer Künstlerjahren zu sehen.
 
„Kunst ist amoralisch, antichristlich, alogisch,
antipazifistisch, antiethisch.“
Otto Dix, 1919
 
Als Otto Dix 1922 nach Düsseldorf kam, ging ihm der Ruf eines Skandale liebenden Bürgerschrecks und Proleten voraus. Zudem war er als Justizfall bekannt. In Mainz und Berlin war er wegen seiner freizügigen Bilder „Salon II“ und „Mädchen vor Spiegel“ wegen unzüchtigem Malen angeklagt.“ Die kommissarische künstlerische Direktorin der Kunstsammlung NRW in Düsseldorf, Anette Kruszynski, erklärte vor der Eröffnung der Dix-Ausstellung „Der böse Blick“, es sei nicht zu einer Verurteilung des Malers und Graphikers gekommen.
Der für seine schonungslosen Bilder gefürchtete Dix habe dem Gericht klarmachen können, daß er auch mit den beiden der Anklage zugrunde liegenden - leider verschollenen - Bildern „die Realität und das Schlimme dieser Zeit“ darstellen wollte. Diese Argumentation habe man dem Künstler nicht abstreiten können, so Kruyzynski. Die Düsseldorfer Ausstellung zeigt rund 200 Bilder und Grafiken von Dix, der nach den Worten von Kuratorin Susanne Meyer-Büser „der wohl schonungsloseste Maler vom Glanz und Elend der Weimarer Republik“ war.

Der vor 125 Jahren in Gera geborene Wilhelm Heinrich Otto Dix (1891-1969) lebte und wirkte von 1922 bis 1925 in Düsseldorf, wo er als Mitglied der Künstlergruppe „Das Junge Rheinland“ seine kritische Handschrift entwickelte. Erstmals überhaupt widmet sich die bis zum 14. Mai angesetzte Schau dieser für Dix so wichtigen Phase seines künstlerischen und privaten Lebens, betonte Meyer-Büser.
 
Als der Maler im Oktober 1921 das erste Mal aus Dresden nach Düsseldorf kam, erhoffte er sich im Rheinland bessere Ausstellungsmöglichkeiten und vor allem finanziell lukrative Porträtaufträge. In seinen Düsseldorfer Jahren entwickelte er sich vom Dadaisten zum neusachlichen Porträtisten, der seine Mitmenschen schonungslos auf der Leinwand fixierte. Und trotzdem wurde es innerhalb kürzester Zeit „in, sich von Dix porträtieren zu lassen“, so die Kuratorin.
Viele der ausgestellten Bilder zeigen den „bösen Blick“ und strahlen ihn auf den Betrachter zurück. Laut Meyer-Büser wirken die „radikaleren Bilder“ fast so, als habe er die Porträtierten beim Malen „chirurgisch kalt seziert“. In einem Großraum der Ausstellung wird der weltberühmte 50-teilige Radierzyklus „Der Krieg“ von Dix präsentiert, der in seinen Düsseldorfer Jahren nach eigenen Skizzen in Schützengräben und Lazaretten des Ersten Weltkrieges entstand.
Der zweite Saal der äußerst sehenswerten Ausstellung ist deutlich farbiger. Hier hängen viele Ölporträts. Viele wirken steif, fast hölzern. Andere roh und hart. Dix selbst sagte über seine Malerei: „Ich brauche die Verbindung zur sinnlichen Welt, den Mut zur Häßlichkeit, das Leben ohne Verdünnung.“ Viele seiner insgesamt rund 70 Selbstbildnisse werden gezeigt, nicht wenige auch mit dem für ihn typischen „bösen Blick“, mit dem er eben nicht nur andere betrachtete.

Wunderbar das Porträt „Frau Martha Dix“ von 1923. Martha war die Ehefrau des Düsseldorfer Kunstsammlers und Arztes Hans Koch und Dix verliebte sich während der Porträtarbeiten 1921 „bei Cognac und Charleston-Tanz“ in Martha. Deren Mann kam das nach Angaben der Kuratorin nicht ungelegen, hatte er doch bereits seit längerem ein Verhältnis mit der Schwester seiner Frau.
Natürlich fehlt nicht das großformatige Bild der Kunsthändlerin und Mäzenin Johanna Ey (Mutter Ey), in deren Hinterzimmer Dix lange Zeit lebte und arbeitete und die seine Bilder dort auch ausstellte und zum Kauf anbot. Köstlich die Aquarell-Bilder „Der Gott der Konditoren“ oder „Der Gott der Friseure“, die 1922 ebenfalls in Düsseldorf entstanden und die auch als Karikaturen gewertet werden können.
Insgesamt 400 Aquarelle malte Dix in seiner Düsseldorfer Zeit. Der Künstler war nach den Worten von Kuratorin Meyer-Büser auch ein Meister der Selbstinszenierung. „Er wollte mit seiner Kunst und seinem Auftreten den Skandal und damit berühmt werden und im Gespräch bleiben“, so die Expertin. Farblithografien zeigen leichte Mädchen und Matrosen, Aquarelle mit den Titeln „Die Kupplerin“ oder „Absteigequartier“ von 1923 machen deutlich, daß Dix sich gerne im einschlägigen Milieu bewegte.
Und auch, daß er „die Weimarer Zeit als Welt der Extreme mit ihren Reichen und Armen, den Prostituierten und ihren Freiern, den Bettlern und Krüppeln lebte, liebte und in seinen Bildern festhielt“, schwärmte Meyer-Büser beim Rundgang durch die Ausstellung, die ab Juni auch in der Tate-Gallery im englischen Liverpool gezeigt wird.
 
Die Ausstellung in der Kunstsammlung NRW ist dienstags bis freitags von 10 bis 18 Uhr sowie samstags und sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet.
Kontakt: Kunstsammlung NRW - Grabbeplatz 5 - 40213 Düsseldorf - Tel: 0211 - 8381-204
Zur Ausstellung ist im Prestel Verlag ein Katalog erschienen.