Theater wird nicht daraus

„Drei sind wir“ von Wolfram Höll im Vestibül des Burgtheater, Wien

von Renate Wagner

Wien - Vestibül des Burgtheater:
Drei sind wir
von Wolfram Höll

Österreichische Erstaufführung
Premiere: 19. Februar 2017
 
Der Mülheimer Dramatikerpreis ist hoch renommiert, und das Burgtheater hält sich stark daran. 2016 ging er an den Deutschen Wolfram Höll (geboren 1986 in Leipzig) für sein Stück „Drei sind wir“. Nach konventionellen Maßstäben ist das natürlich kein Theaterstück – Höll hält es wie die Jelinek, liefert Text ohne die geringsten Angaben, und die „Theatermacher“ können / sollen / müssen daraus machen, was sie wollen.
 
Der Inhalt der Geschichte, so weit er sich herauskristallisiert (mühsam, um die Wahrheit zu sagen), bezieht sich auf ein junges Ehepaar, dessen Kleinkind eine schwere Krankheit hat, die es in Kürze nicht überleben wird. Dennoch wandern die Eltern mit ihm nach Kanada, nach Quebec aus (was noch die Möglichkeit bietet, Französisch in dem kaum verständlichen „Quebecois“ zu sprechen). Von einem Bekannten empfangen werden, ein Haus kaufen, den Alltag bewältigen, Verwandtenbesuch, schließlich, ohne weitere Erklärung: Das Haus ist zu verkaufen, die Geschichte zu Ende.
Sie wird nicht gespielt, es ist ein Prosatext, den man sich beliebig auf „verteilte Rollen“ zurechtrichten kann. Ein Text, der ein absichtsvolles Kunststück ist (Jelinek läßt grüßen), Worte werden variiert und wechseln den Sinn, Phrasen werden bis zur Unerträglichkeit wiederholt. Am Ende wird den Darstellern ein sprachliches Virtuosenstück abverlangt. Aber wofür?
Denn der Text an sich mag tragen, als Theater „hält“ er nicht – trotz der Kürze von knapp einer Stunde. (90 Prozent der Vestibül-Besucher, jene, die nicht einen Holzklappstuhl in der letzten Reihe erwischen, müssen das auf dem Boden kauernd über sich ergehen lassen. Nicht eben bequem – so spannend, daß man es nicht bemerken würde, ist es auch wieder nicht.)
So muß Regisseurin Valerie Voigt-Firon in einem exzentrischen Bühnenbild (Eylien König) und in Kostümen, die keine sind (Lejla Ganic), für die drei Protagonisten (obwohl es ja eigentlich nur um zwei, um dieses junge Elternpaar geht) dauernd etwas erfinden, um die Textmassen zu „bebildern“. Aber egal, ob sie Masken aufsetzen, ob eine Leine quer durch den Raum gespannt wird, ob man massenhaft Kübel herbeischleppt und aufstellt… das alles beweist nur die Sinnlosigkeit.
Wie Marie-Luise Stockinger, Marcus Kiepe und Tino Hillebrand eine Sprechoper abliefern, wobei sie geradezu geschmeidig-brillant wie ein Instrumentaltrio oder ein Gesangs-Terzett agieren, ist beeindruckend. Theater wird trotzdem nicht daraus. Als Hörspiel, gemütlich zuhause vor dem Radio, hätte man wahrscheinlich mehr davon.
 
Renate Wagner
 
Eine Übernahme aus dem Online-Merker, Wien mit freundlicher Erlaubnis der Autorin