Wie aus Rußland in Kalifornien eine #Calexit-Kampagne gesteuert wird

Ein Kommentar

von Ulli Tückmantel

Foto © Anna Schwartz
Wie aus Rußland in Kalifornien
eine #Calexit-Kampagne
gesteuert wird
 
Von Ulli Tückmantel
 
Neuland. Die New York Times nahm es mit Humor, daß sie zu den ersten westlichen Medien gehörte, die auf einer neuen Seite des russischen Außenministeriums landete. Dort listet ausgerechnet Putins Außenpropaganda auf, was sie zu „Fake News“ erklärt: ohne Begründung, ohne irgendeinen Beleg. „Es war schwer für einige Kritiker, den Fake-News-Detektor des Ministeriums ernst zu nehmen, und einige schlugen vor, daß die Einbeziehung dort etwas von einem Ehrenzeichen habe und ein Hinweis darauf sei, dass der Artikel nahe des Ziels eingeschlagen sei“, so die NYT (Link: goo.gl/x59klv). Und als habe im Moskauer Außenministerium irgendjemand Humor, landete dieser Artikel wo? Richtig, auf der Fake-News-Warnseite des Kreml (goo.gl/aq9t9k): Es sei verzeihlich, dass der NYT-Autor die russische Position entweder nicht verstehe oder nicht verstehen wolle, beschied Moskau großzügig.
 
Das alles schreibt sich lustig auf, aber das ist es in Wahrheit nicht. Die „taz“, die ebenfalls über die neue russische Seite berichtete (siehe hier: goo.gl/yH0zzQ), zitierte einen Kommentar des Blogs „Die vertikale Macht“ von Radio Free Europe, der die Moskauer Strategie der Desinformation auf den Punkt bringt: „Einfach die andere Seite dessen beschuldigen, was man selbst auch tut. Da muß nichts bewiesen werden. Einfach anklagen, das aber laut und beharrlich. Das Kurzzeitgedächtnis erledigt den Rest. Mit einem Augenzwinkern sagen: Wir sind alle gleich unehrlich und wir sind alle das Gleiche.“
 
Während Europa derzeit vor allem auf Trump blickt, beschäftigten russische Trolle den Bundesstaat Kalifornien mit einer „#Calexit“-Kampagne: 2019 soll darüber abgestimmt werden, ob der Bundesstaat aus den USA austritt. Der Kreml-Lautsprecherdienst „RT“ berichtete nicht zufällig schon im Dezember, dass die „YesCalifornia“-Bewegung bereits eine Botschaft in Moskau eröffnet habe (englischsprachiger Link: goo.gl/m2cK3T), was nicht überrascht, da die ganze Kampagne nach allem, was „Politico“ und andere zusammengetragen haben, aus Russland gesteuert wird (goo.gl/I2FXgA). Der #Calexit-Anführer Louis Marinelli, der laut US-Medien nicht in Kalifornien sondern im russischen Yekaterinburg lebt, versichert bei „RT“ allerdings, man habe die Botschaft in Moskau nicht etwa gegründet, um sich wie die Amerikaner im Unabhängigkeitskrieg gegen die Briten mit Waffen oder ähnlichem zu versorgen. Sehr beruhigend.
 
 

Der Kommentar erschien am 4. März 2017 in der Westdeutschen Zeitung.
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors.