Operettenfilme im Fernsehen der 70er Jahre (Teil 2)

Aus der Zeit gefallen - betrachtet

von der Musenblätter-Redaktion

© Arthaus Musik
Operettenfilme im Fernsehen (2)
 
Ein abermals mäßig gelungener Versuch
 
Trotz des mäßigen Amüsements haben wir uns zwei weitere Fernseh-Operetten angeschaut und sind – so verschnarcht die damaligen Inszenierungen, Ausstattungen, Pointen und Regieeinfälle auch heute wirken - auch wieder wenigstens zum Teil angenehm überrascht worden. Mit dem Fortschreiten der Produktionen haben die Verantwortlichen noch mehr Bühnen-Stars verpflichtet, um dem Pantoffelkino etwas bieten zu können. Sehen Sie sich mal die Aufgebote an.
 
Leo Fall – Die Dollarprinzessin (1907)
Operettenfilm aus dem Jahr 1971, Libretto: Alfred Maria Willner, Fritz Grünbaum
Besetzung: Olga: Tatjana Iwanow – Couder: Horst Niendorf – Alice: Gabriele Jacoby - Freddy Wehrburg: Gerhart Lippert – Daisy: Regina Lemnitz - Hans von Schlick: Stefan Behrens – Dora: Ingrid van Bergen - Miss Mibbs: Käte Jaenicke – Liftboy: Randolph Rose – Tom: Ulrich Beiger
Sinfonieorchester Kurt Graunke, Musikalische Leitung Bert Grund
 
Leo Falls (1873–1925) Kompositionen gehören zu den besten der zweiten Epoche der Wiener Operette. „Die Dollarprinzessin“, 1907 entstanden, war eines seiner erfolgreichsten Werke. – „Geld regiert die Welt“ ist die Devise von Alice, der Tochter eines ansonsten dummen amerikanischen Milliardärs, der verarmte europäische Adlige als Diener einstellt (kommt einem 2017 im Zusammenhang mit dem neuen US-Präsidenten irgendwie bekannt vor).
Sprache: deutsch - Untertitel: EN, FR - Bildformat: 4:3 - Format: DVD 9 / NTSC- FSK: 0
Laufzeit: 87 min
 
Kommentar: Hier wurden von Regisseur Klaus Überall glücklicherweise Sänger als Sänger und Schauspieler als solche eingesetzt. Tatjana Iwanow und Gabriele Jacoby überzeigen. Wo Gerhard Lippert, Ingrid van Bergen oder Ulrich Beiger zu singen haben, tun sie es angenehm bescheiden mit eigener Stimme. Käte Jaenicke, Horst Niendorf, Stefan Behrens, Reinhold Brandes, Wilfried Herbst, Joachim Röcker und der große Kudamm-Regisseur Wolfgang Spier gehören zur damaligen Boulevard-Elite Berlins und zum legendären Stachelschweine-Ensemble, was die Sache dramaturgisch und schauspielerisch ansehnlich macht. Peinlich ist aber die so was von verschnarchte und billige „Western“-Ausstattung. Kein weiteres Wort darüber. (sab)
 
 
Franz Lehár - Paganini (1925)
Operettenfilm aus dem Jahr 1973, Skript: Alfred Maria Willner, Fritz Grünbaum

© Arthaus Musik
Besetzung: Paganini: Antonio Theba - Prinzessin Anna Elisa: Teresa Stratas - Prinz Felice: Johannes Heesters - Bella Giretti: Dagmar Koller – Pimpinelli: Peter Kraus - Baron Carcasona: Fritz Tillmann - Baron Hedouville: Wolfgang Luckschy – Bartucci: Klaus Havenstein
+ Franz Rudnik, Eduard Wandrey, Wolfgang Völz, Georg Lehn, Illo Schieder, Kurt Pratsch-Kaufmann, Klaus Dahlen
Sinfonieorchester Kurt Graunke, Musikalische Leitung Wolfgang Ebert – Choreographie: Maria Litto, Heinz Schmiedel
 
Mit seiner Operette „Paganini“ (1925), die zu den erfolgreichsten Operetten dieser Zeit gehört, leitete Franz Lehár eine neue Periode seines Schaffens ein, die vor allem durch Richard Tauber geprägt wurde. Er schrieb Werke mit hohen gesanglichen Ansprüchen. Unsterblich ist die Melodie „Gern hab’ ich die Frau’n geküßt
Sprache: deutsch - Untertitel: EN, FR - Bildformat: 4:3 - Format: DVD 9 / NTSC - FSK: 0
Laufzeit: 107 min
 
Kommentar: Johannes Heesters, zur Zeit des Drehs schon stolze 70 Jahre alt, ist stets der jugendlichste Held aller Helden geblieben. Alleine ihn hier an der Seite der brillanten Dagmar Koller noch einmal in seiner unglaublichen Frische zu erleben, wäre es wert, sich die DVD anzuschauen. Aber auch Peter Kraus, bei den Aufnahmen bereits 34 Jahre alt und heute mit 78 Jahren mindestens so fit wie Heesters damals, ist eine Freude – schlank, beweglich, elegant, humorvoll. Antonio Theba als Paganin ist ein eleganter Sänger, doch muß man ihm natürlich einen Violinvirtuosen an die Seite stellen, um die Konzerte zu spielen. Nur der bleibt in Booklet und Nachspann ungenannt, wie schon die Fake-Sänger im Opernball. Eine Schande. Die bis in die kleinste Rolle unfaßbar prominent besetzte Riege der weiteren Darsteller (s.o.) tut ein Übriges. Zum Glück stand Eugen York diesmal mit dem Schriftsteller-Ehepaar Rolf und Alexandra Becker und für das Tänzerische mit Maria Litto und Heinz Schmiedel ein kompetentes Team zur Seite, und auch die Außenaufnahmen bringen etwas mehr „Filmisches“ ins Spiel.
Wir kommen nach den vier exemplarischen Filmen einhellig zu dem Schluß, daß diese Edition schlechterdings aus der Zeit gefallen ist. (bec)
 
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