Panta rhei

Klaus Rinke im Wuppertaler Skulpturenpark

von Frank Becker

Klaus Rinke + UR-ICH - Foto © Frank Becker

Panta rhei

Das Prinzip aller Dinge ist das Wasser.
Aus Wasser ist alles, und ins Wasser
Kehrt alles zurück.
Thales von Milet
 
Das Leben Klaus Rinkes in fünf Sätzen“ konnte anläßlich dessen 75. Geburtstages nicht einmal Wuppertals Museumsdirektor Dr. Gerhard Finckh zusammenfassen, zu reich ist Rinkes Werk und zu bewegt sein Leben. Davon konnte sich auch die eingeladene Presse am vergangenen Donnerstag im Wuppertaler Skulpturenpark „Waldfrieden“ überzeugen, als Tony Cragg die Ausstellung von Arbeiten Klaus Rinkes in dessen Gegenwart in seinem Wuppertaler Skulpturenpark vorstellte. In zwei Ausstellungsgebäuden werden Schwerpunkte aus Klaus Rinkes Lebenswerk gezeigt: der große gläserne Kubus in der Nähe des Eingangs hat das Thema „Zeit“ in Form dreier Uhrenprojekte Rinkes aufgenommen („UR-ICH“, „Zugegen sein“, „Plutonium“ die etwas kleinere untere Halle widmet sich dem Fluß des Wassers („Insel“), neuerer Malerei („PA-Pa-Syndrom“ „Die Hinterbliebenen“) und der Magie der Form, mit der sich Rinke in den 1960ern befaßt hat (, „Arsenal“) und zeigt die Skulptur „Donau ! Richtung gelobtes Land...“.
 

Klaus Rinke (v.l.): Plutonium, Zugegensein, UR-ICH - Foto © Frank Becker

Der am 29. April 1939 in Wattenscheid in eine „Eisenbahner-Dynastie“ geborene Rinke absolvierte zunächst eine Ausbildung zum Dekorations- und Plakatmaler in Gelsenkirchen, bevor er 1957 mit dem Studium der Malerei an der Essener Folkwang-Schule begann. Nach dem Examen arbeitete er von 1960 bis 1964 in Paris und Reims, seine erste Einzelausstellung hatte er 1962 in Le Havre.
Nach seiner Rückkehr  nach Düsseldorf 1965 begann er mit Wasserarbeiten. Das Fließen des Wassers, die Zeit beziehungsweise genauer das Verfließen der Zeit machte er unter anderem mit dem Werk „12 Faß geschöpftes Rheinwasser“ im Jahr 1969 deutlich. Das Wuppertaler Von der Heydt-Museum ist seit Rinkes 70. Geburtstag nicht zuletzt durch eine großzügige Schenkung im Besitz eines der größten Museumsbestände seiner Wasserarbeiten. 
Klaus Rinkes Werk, das sich von Anbeginn mit dem Verlauf der Zeit - seine Normaluhren sind weltbekannt und längst legendär geworden - und dem Element des Wassers in allen seinen  befaßte, kann man vielleicht unter das Motto Heraklits „Panta rhei“ stellen, ist doch beides im ständigen Fluß.


Klaus Rinke, Insel - Foto © Frank Becker
 
In Selbstinszenierungen erprobte er später Ausdrucksmöglichkeiten seines Körpers, so etwa wenn er in der 112-teiligen Fotofolge „Mutationen“ von 1970 die vielfältigen Möglichkeiten von Mimik und Gebärdensprache erforscht oder sich selbst in einer mehrteiligen Fotosequenz immer näherkommend vor einer Wand zeigt und sich so als Individuum in Bezug zu Stadt-Raum und Zeitverlauf setzte. Von 1974 bis 2004 war Rinke Professor für Bildhauerei an der renommierten Kunstakademie Düsseldorf. Dreißig Jahre lang hatte der streitbare Künstler und äußerst liebenswerte Mensch Klaus Rinke an der Düsseldorfer Kunstakademie gelehrt, eine tiefe Freundschaft zu seinem Kollegen Joseph Beuys gepflegt, zeitweise den Posten des handelden Direktors bekleidet. Es sei eine Zeit gewesen „mit der Chance zu Welt-Akademie - jetzt ist es eine kleinkarierte Düsseldorfer Malerschule“ - so Rinke einmal wörtlich.
 
Um 1980 begann Rinke dann jene Aktionskunst zu entwickeln, mit der besonders sein Name verbunden ist. Seine Aktionen stellten den herkömmlichen Kunst- und Museumsbetrieb in Frage und zielten auf ein aktiveres Mitwirken der Betrachter. Rinke hat auch große Installationen für städtische Räume geschaffen, wie das „Uhrenfeld“ (1987) für die Bundesgartenschau im Düsseldorfer Volksgarten, das nicht zuletzt zweimal jährlich zum Start der Sommer- oder Winterzeit, so wie aktuelle jetzt,  in den Zeitungen und TV-Nachrichten erscheint. Für den Deutschen Bundestag hat der Künstler in einem Wettbewerbsverfahren eine Innenhof-Skulptur entworfen, den „Sonnenstrahl mit Birkenhain“ hoch aufragend und in leuchtendem Gelb gestrichen.


Die Zeit... Foto © Frank Becker


Er ist längst ein erklärter Weltbürger, der im österreichischen Neufelden in in Los Angeles lebt und zu dem Schluß gekommen ist: „Ich bin ein ‛Globe-ier’ gworden, weil ich nicht an das Deutschtum glaube.“ Und was er von jenen hält, die ihm auf einer Schleimspur hinterherkriechen sagt Klaus Rinke auch recht deutlich: „Ich hasse Groupies - ich bin ein Einsamer, ich liebe es, einsam zu sein“. Dafür aber ist er ein sehr fröhlicher lebensbejahender Mensch, der vor Energie sprüht und vor allem in seinem riesigen österreichischen Atelier in Neuhaus – ein ehemaliges Werksgebäude des legendären bergischen Bekleidungsherstellers Müller-Wipperfürth - noch eine Menge vorhat.
Er sei „einer der Großen der gesamten Nachkriegszeit“ hat der damalige NRW-Kulturstaatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff anläßlich des 75. Geburtstages von Klaus Rinke vor drei Jahren betont. Damit lag er wohl richtig, auch in der Selbstwahrnehmung Rinkes, der sich neben Günther Uecker (*1930) und Gerhard Richter (*1932) als einen der letzten drei einer aussterbenden Künstlergeneration sieht.

Zeit macht nur vor dem Teufel halt,
denn er wird niemals alt,
die Hölle wird nicht kalt. (...)
heute ist schon beinah' morgen.
(Paul & Barry Ryan, deutsch von Miriam Frances)



Klaus Rinke, Arsenal- Foto © Frank Becker
 
Klaus Rinkes Arbeiten sind bis zum 25. Juni 2017 im Skulpturenpark zu sehen.
Die Ausstellung ist dienstags bis sonntags von 10 bis 19 Uhr geöffnet.
Skulpturenpark Waldfrieden - Hirschstraße 12 - 42285 Wuppertal - Tel: 0202 - 47898120

 
Klaus Rinke - Foto © Frank Becker
 
 
Weitere Informationen: www.skulpturenpark-waldfrieden.de