Das „Kom(m)ödchen“ ist 70 Jahre alt

Am 29. März 1947 hatte das erste Programm „...positiv dagegen!“ Premiere

von Andreas Rehnolt undf Frank Becker

Das Ensemble - Foto © Kom(m)ödchen

Das „Kom(m)ödchen“ ist 70 Jahre alt
 
Am 29. März 1947 hatte das erste Programm „...positiv dagegen!“ Premiere
 
Düsseldorf - Deutschlands langlebigste Kabarettbühne, das Düsseldorfer „Kom(m)ödchen“, feierte jüngst ihren 70. Geburtstag. Am 29. März 1947 hatte das erste Programm des Kabaretts mit dem Titel „...positiv dagegen!“ Premiere. Als die von Kay und Lore Lorentz gegründete Bühne das Licht der Welt erblickte, lag Düsseldorf, wie fast ganz Deutschland und weite Teile Europas noch in den Trümmern des Zweiten Weltkrieges.
Im Hinterzimmer einer Kneipe und mit reichlich Improvisation begann das Duo mit Unterstützung unter anderem eines Journalisten, eines Regisseurs, eines Malers und des Kirchenmusikers Emil Schuchardt mit seinem literarischen Kabarett. Stühle hatte man noch nicht, die wurden vom Wirt des gegenüberliegenden Künstlerlokals für 10 Pfennig pro Abend und Gast ausgeliehen. Publikum und Presse waren begeistert vom ersten Programm, dem allein 1947 noch drei weiter folgten. Mann der ersten Stunde auf der Kom(m)ödchen-Bühne war neben der Prinzipalin der Schauspieler Ernst H. Hilbich. Mit Lore Lorentz und Ernst H. Hilbich saßen im kabarettistischen Boot im Lauf der frühen Jahre Katarina von Bülow, Hans-Walter Clasen, Walter Gottschow, Werner Vielhaber, Renat Clair, Horst Butschke, Hans Gerd Kübel, Andreas Mannkopff, Michael Uhden u.a.m..
 
Über viele Jahre hinweg gab's zum Schluß ein vom Ensemble vorgetragenes Liedchen mit dem Text: „Wenn es dem Kom(m)ödchen nicht gefällt, was sich so ereignet in der Welt, immer, immer wieder zieht's den Vorhang nieder und singt seine kleinen, frechen Lieder.“ Die waren teils so frech, daß die TV-Übertragungen des Programms 1959 nach Intervention des damaligen Verteidigungsministers Franz Josef Strauß (CSU) für ein Jahr untersagt wurden. 20 Jahre nach der Gründung zog das Kabarett in neue, größere Räume in der damals neu erbauten Kunsthalle in der Altstadt um, wo es seither residiert.
Der Biß der Nachkriegsjahre ist inzwischen lange vorbei. Aber - im Gegensatz zu vielen anderen Kabarett-Bühnen ist das „Kommödchen“ immer noch existent. Nachdem in der ersten Hälfte der 1990er Jahre das Gründer-Ehepaar starb, übernahm 1993 Sohn Kay Sebastian Lorentz die Leitung. Fast hätte die traditionsreiche Bühne nicht überlebt. Aber Lorentz schaffte es. Er setzt bis heute nicht mehr auf Aufklärung, sondern vielmehr auf „intelligente Unterhaltung“.
Es gibt ein fünfköpfiges Ensemble (Maike Kühl, Heiko Seidel, Christian Ehring, Daniel Graf und Martin Maier-Bode), das beim Publikum seit Jahren sehr beliebt ist. Zudem gibt es in dem Haus mit immerhin 200 Plätzen immer wieder Gastspiele. Alle großen Namen der deutschsprachigen Kabarettszene sind regelmäßig zu erleben. Auch damit punktet das „Kom(m)ödchen“, das auch nach sieben Jahrzehnten keß, frisch und auch immer noch gerne frech auftritt. „Man kann den Leuten bei der medialen Versorgung heute nichts Neues mehr erzählen“, sagt Lorentz. Dafür zieht das Live-Erlebnis das Publikum an, das TV-Kabarettisten auch mal hautnah erleben will.
 
Und wer da alles zu sehen war, in den vergangenen Jahrzehnten. Unvergessen der Moralist, Dichter und Sänger Hanns Dieter Hüsch, Franz Hohler, Jochen Busse, Harald Schmidt, Thomas FreitagWerner Schneyder, Volker Pispers, Anka Zink, Mathias Richling oder auch Emil Steinberger. Und natürlich noch viele, viele mehr. 
Am Abend des 70. Geburtstags am vergangenen Mittwoch gab das Ensemble das Stück „Deutschland gucken“. Natürlich geht es darin um Fußball, aber auch um das Infragestellen von jahrelangen Freundschaften, um Identitäten, Lebensentwürfe und das Nationalgefühl. Und es geht auch um die Frage, ob man in Deutschland patriotisch sein darf oder ob man dann gleich ein Nationalist ist. Und spätestens da zeigt sich, daß das „Kommödchen“ auch heute noch politisch ist, auch wenn es inzwischen anders verpackt wird. 
 
Im Juli 2017 gibt es ein Special im „Kom(m)ödchen“. Ensemblemitglied Christian Ehring wird zu diesem Anlaß in einem 30-minütigen Kurzprogramm die Geschichte des Hauses erzählen. „Kurz und knackig, lediglich unterstützt von einer matten Scheibe, die historische und aktuelle Schnipsel zeigen wird“, so Kay Lorentz am Mittwoch. „Ehring präsentiert diesen Leckerbissen mit dem Titel „Tempo 70 - Die rasende Kom(m)ödchen Jubiläumsshow“ um 16, 18, 20 und 22 Uhr auf unserer Bühne. Zwischendrin ist Party.“ 
 
Die Geschichte des „Kom(m)ödchen“ ist auch mit einer Box mit 6 DVDs dokumentiert, die der Kölner Filmverlag Tacker Film im November 2014 vorgelegt hat: „Das Kom(m)ödchen - Die Ära Kay und Lore Lorentz“.
 
Weitere Informationen: www.kommoedchen.de  -  www.tackerfilm.de