Eine schöne Geschichte - und kitschfrei

„A United Kingdom“ von Amma Asante

von Renate Wagner

A United Kingdom
(GB – 2016)

Regie:
Amma Asante
Mit: David Oyelowo, Rosamund Pike u.a.
 
Kitschalarm! Schwarzer Prinz verliebt sich in blonde Sekretärin und beide erkämpfen ihre Liebe gegen Widerstände gleicherweise in England wie in Botswana. Eine wahre Geschichte noch dazu – eine im Leben so erstaunliche wie auf der Leinwand. Denn der farbigen Britin Amma Asante mit Vorfahren aus Ghana ging es nicht um eine – am Ende gar triefende, Taschentücher in Bewegung setzende – Liebesgeschichte. Sie ist ihr das Vehikel, die afrikanischen Unabhängigkeitsbestrebungen nach dem Zweiten Weltkrieg aufzuarbeiten. Und das gelingt ganz bemerkenswert.
Zwar wird die Ideologie deutlich, aber die „echte Geschichte“ dominiert (und das ist bekanntlich immer die überzeugendste Art, Inhalte zu vermitteln). Zu Beginn ist man im London der vierziger Jahre, was ja schon einmal Leinwand-Nostalgie bedeutet. Da hat eine Blondine – eine einfache Sekretärin aus einer klassischen Mittelklassefamilie – in ihrer Aufgeschlossenheit gar nichts dagegen, mit einem Farbigen zu tanzen. Wer weiß schon, warum er da ist? Sie mögen sich.
Jetzt könnte das Märchen beginnen: Ja, dieser Seretse Khama ist ein Prinz! Thronfolger in Bechuanaland, wie man das heutige Botswana damals noch nannte. Noch regiert sein Onkel daheim, der junge Mann wurde zum Studium nach England geschickt und soll dann nach Hause kommen. Sein Land, nördlich von Südafrika gelegen, ist für die Briten, die es als Protektorat verwalten, hoch interessant, besonders in Bezug auf mögliche Rohstoffe, die man damals mit Eifer sucht.
 
Nun, Ruth Williams ist eine gescheite junge Frau. Das bedeutet, meint sie, daß sie sich nun in Würde von dem jungen Mann trennt und ihn in sein Schicksal ziehen läßt. Aber er liebt sie, will sie heiraten, und eigentlich will sie das auch. Obwohl jetzt schon der Druck beginnt – vor allem von Seiten der britischen Regierung, die natürlich auf Rassentrennung besteht, und von Seiten einer entsetzten Familie: Der Papa neigt noch dazu, die Tochter zu verstoßen.
Aber in Afrika nach der Heimkehr sind die Probleme des Paares nicht geringer, gerade, daß Onkel, Tante und Schwester des Thronfolgers seine weiße Frau, die für sie eine wahre Provokation darstellt, nicht gleich wieder hinauswerfen… Es ist eine Beleidigung für die Stämme, denen er vorsteht, daß er nicht eine Frau aus seinen Kreisen heiratet, ja, das macht ihn eigentlich der Regierung unwürdig.
Wenn man nun mit ansieht, wie Ruth sich einfach durch beharrliches Ausharren durchsetzt, vor allem, wenn die Briten ihren Mann nach London zurück kommandieren und nicht wieder nach Afrika lassen… dann könnte das herzzerreißend sein. Aber es geht nicht um privates Leid, sondern um einen politischen Kampf, den dieser Prinz von Botswana ausfocht. Er wollte erstens die Unabhängigkeit seines Landes von Großbritannien und zweitens eine Demokratie anstelle des alten Königtums.
Wie man weiß, hat er es erreicht, wenn auch erst nach jahrelangen Kämpfen, wobei die Briten mit ihrem gnadenlosen Herrenmenschen- und Kolonialmacht-Verhalten alles andere als gut abschneiden. 1966 wurde Bechuanaland unter dem Namen Botswana unabhängig, Seretse Khama war bis zu seinem Tod 1980 der erste Präsident des Landes, das er erfolgreich so weit wie möglich aus den Kämpfen im südlichen Afrika heraushielt.
Das ist das Märchen – und nicht, daß er und seine englische Frau alle Widerstände überwanden. Obwohl auch das eine schöne Geschichte ist, die von David Oyelowo (der Martin Luther King des „Selma“-Films) und Rosamund Pike wunderschön selbstverständlich und unpathetisch gespielt wird.
 
 
 
Renate Wagner