Als der Zirkus in Flammen stand

Die Wuppertaler Bühnen zeigen Max Frischs bürgerliche Burleske „Biedermann und die Brandstifter“

von Frank Becker

v.l.: Hans Richter, Bernd Kuschmann, Andreas Möckel
Foto © Michael Hörnschemeyer

Als der Zirkus in Flammen stand
 
Die Wuppertaler Bühnen zeigen
Max Frischs bürgerliche Burleske
„Biedermann und die Brandstifter“
 
 
Inszenierung: Ulrike Maack – Bühne: Jörg Kiefel
Besetzung: Bernd Kuschmann (Biedermann) - An Kuohn (seine Frau) – Andreas Möckel (Schmitz) – Hans Richter (Eisenring) – Esther Rölz (Dienstmädchen) - Statisterie
 
Das Bühnenbild: Reduziert und wirksam (Jörg Kiefel). Die Inszenierung: Ohne Schnörkel (Ulrike Maack). Das Personal: Brillant besetzt. Die Umsetzung: Gelungen. Das Stück: Ein „Lehrstück ohne Lehre“.
 
Der Stoff stammt aus NS-belasteter Zeit, erste Notizen stammen aus dem Jahr 1936. Als Parabel auf die Machtergreifung zerstörerischer Systeme wurde es 1948 von Max Frisch als Hörspiel konzipiert und 1953 im Bayerischen Rundfunk erstmals gesendet. Da gab es schon wieder neue Brandstifter, vor denen zu warnen war. Das ist heute so wie damals und so aktuell wie je. Der Theaterfassung der Zürcher Uraufführung 1958 hängte Frisch ein halbes Jahr später ein „Nachspiel in der Hölle“ an, ein Anhängsel, das Ulrike Maack in ihrer Inszenierung schmerzfrei wegoperierte. Die Hölle, das sind wir selber.
 
Fabrikant Biedermann (Bernd Kuschmann), ein beliebiger Spießer, der sich über die das Tagesgespräch beherrschenden Brandstifter echauffiert, sieht sich unversehens mit denen konfrontiert, die er hängen sehen will. Aber er glaubt es nicht, obwohl sie den modus operandi wie nach dem Lehrbuch befolgen, er glaubt es nicht, als sie Benzinfässer auf seinen Dachboden schaffen, er glaubt es nicht, trotz Hantierens mit Zündschnüren. Er duldet die Vorbereitungen, macht sich zum An-Biedermann bei den brandgefährlichen Kerlen (eloquent beredt Andreas Möckel als Schmitz und kaltblütig brutal Hans Richter als Eisenring), die sich in seinem Haus einnisten, um die ganze Stadt anzuzünden.
Der eingeschüchterte Maulheld, der nach unten tritt und nach oben buckelt, hört nicht auf den warnend skandierenden Chor der Feuerwehrleute, die Besorgnis seiner Frau (An Kuohn) und das gesunde Mißtrauen des Dienstmädchens (Esther Rölz). Letzten Endes gibt er, feige dem St.-Florians-Prinzip folgend, den Tätern noch die Zündhölzer. Sein Haus und die Stadt gehen in Flammen auf. Das nächste Haus, die nächste Stadt wird ebenso brennen - denn immer und überall werden entschlossene Brandstifter auf Biedermänner ohne Zivilcourage treffen. Der Humor Frischs ist gallig, die Pointe bitter.
Die Inszenierung mit ihren hervorragenden Darstellern verdient mehr Zuschauer, als die knapp 100 in der 2. Vorstellung.
 
Im Mai gibt es sieben Aufführungen: Am 7., 11., 14., 16., 18., 22. und 23.