Nscho-tschi lebt weiter!

Marie Versini gibt in ihrem neuen Roman der Schwester Winnetous eine neue Existenz

von Duda Zeco

Deutschlands Lieblings-Indianerin
kehrt zurück!

Marie Versini stellt auf der Buchmesse in Leipzig ihr zweites Buch vor.


Bamberg, Februar 2008: Bereits mit 23 Jahren spielte sie die kleine Schwester Winnetous Nscho-tschi an der Seite der Schauspielerlegenden Lex Barker und Pierre Brice. Diese Rolle machte Marie Versini 1963 zum absoluten Star in Europa und zum Vorbild einer ganzen Generation junger Frauen. In den 60er-Jahren wurde sie mehrfach von den Lesern der Zeitschrift BRAVO zur beliebtesten deutschen Schauspielerin gewählt. 1965 und 1966 bekam sie jeweils den begehrten Goldenen Otto, und auch ein Bambi unterstreicht diese Popularität. Die Schauspielerei ist inzwischen einer anderen Passion gewichen. Marie Versini präsentiert auf der diesjährigen Leipziger Buchmesse ihr zweites Buch, das im Karl-May-Verlag erscheint. Marie Versini feierte zahlreiche Erfolge, sowohl auf der Bühne als auch auf der Leinwand. Mit 16 war sie das jüngste Mitglied der Comèdie Francaise, des renommiertesten Theaters Frankreichs, und spielte seitdem in zahlreichen Filmen und Theaterstücken mit. Doch die Darstellung des aparten Indianermädchens Nscho-tschi bezeichnet sie selbst als die Rolle ihres Lebens, die auch den Durchbruch ihrer Karriere markierte. Selbst heute, mehr als 40 Jahre nach dem großen Karl-May-Film WINNETOU I, erreicht sie noch Fanpost für Nschotschi. Sie und Pierre Brice bildeten damals das neue Traumpaar des deutschen Films.

„Ich freue mich sehr darüber, daß ich mich mit dieser Rolle in die Herzen der Zuschauer spielen konnte, und bin nach wie vor überwältigt von der großen Wertschätzung, die ich bis heute dafür erhalte“, sagt die gebürtige Korsin stolz, die sich selbst als spirituelle Tochter Karl Mays, des Schöpfers ihrer Meisterrolle, sieht. Naheliegend, daß sie 2003 mit ihrem Autorendebüt „Ich war Winnetous Schwester“ eine Autobiografie vorstellte, die ganz im Zeichen der Winnetou-Filme und Karl Mays steht.


Marie Versini auf dem BRAVO-Titel 28/1965
© Heinrich Bauer Verlag

Jetzt liegt ihr erster Roman „Rätsel um N.T“ vor, den sie gemeinsam mit Ihrem Ehemann, dem Regisseur und Schriftsteller Pierre Viallet, verfasst hat. Vorstellen wird sie den modernen Western mit einer Prise Mystery und viel Karl-May-Romantik auf der diesjährigen Buchmesse in Leipzig. Das Thema? Natürlich Nscho-tschi – und die Frage, ob sie denn nun wirklich tot ist. Denn dieses Buch steht im Zeichen einer imaginären Reise, in der Marie Versini den durch Karl May erschaffenen Charakter des Indianermädchens in seinem Sinne fortführt. Marie Versini gibt Nscho-tschi in diesem Buch eine bisher unbekannte charakterliche Tiefe und dem Leser einen völlig neuen Blick auf sie, ihr Leben, ihr Leiden und ihre Geheimnisse.


Interview mit Marie Versini

Wann und warum ist Ihnen die Idee gekommen, das Buch „Rätsel um N. T.“ zu schreiben?

Ich habe ja schon vor einiger Zeit meine Biografie „Ich war Winnetous Schwester“ im Karl-May-Verlag veröffentlicht. Da das Buch bei den Lesern sehr gut angekommen ist, hatte ich große Lust weiterzumachen. Dabei reizte mich vor allem der Gedanke, einen Roman zu schreiben.
Das Thema war schnell gefunden: Ich konnte mich noch nie damit abfinden, dass Nscho-tschi am Ende von „Winnetou I“ tatsächlich tot sein sollte. Also haben mein Mann Pierre Viallet und ich uns überlegt, wie es wäre, wenn Nscho-tschi damals doch überlebt hätte – und die Idee für den Roman war geboren. Herausgekommen ist ein moderner Western mit einem Schuss Fantasy.

Worum genau geht es in dem Buch?

Wir haben uns die literarische Freiheit genommen, uns vorzustellen, dass Nscho-tschi eine Tochter hatte, namens N.T. Sie ist in einem gewissen Sinn die Weiterführung von Nscho-tschis Persönlichkeit und ähnelt ihrer Mutter durch ihre Moral, ihre menschlichen Qualitäten und eine gewisse Spiritualität, die sie aus der Welt der Indianer geerbt hat. Gleichzeitig gibt es natürlich auch Unterschiede zwischen den beiden. Diese sind z. B. kultureller Natur, denn N.T. wächst in einem sehr amerikanischen Umfeld auf. Ihr Leben verläuft ganz normal, bis in der Stadt eines Tages eine Verbrecherbande auftaucht, die Jagd auf sie macht. Das Pikante dabei: Der Anführer ist der Sohn des Verbrechers, der damals ihre Mutter töten wollte, Frederick Santer. Aber N.T. ist viel schlauer als die Banditen denken, und zusammen mit dem Journalisten Butch und dem Indianer Neugieriges Eichhörnchen dreht sie den Spieß um.

Hat das Schreiben Erinnerungen geweckt an die Zeit, als Sie die Rolle der Nscho-tschi gespielt haben?

Auf jeden Fall. Ich wurde aber nicht nur an den Dreh zu „Winnetou I“ erinnert. Es kamen auch viele Erinnerungen an die anderen Karl-May-Filme, die ich gedreht habe, wie „Der Schut“, „Durchs wilde Kurdistan“, „Im Reiche des silbernen Löwen“ oder „Winnetou und sein Freund Old Firehand“.

Welche Beziehung haben Sie heute zu Nscho-tschi?

Sie ist Teil meiner Familie geworden. Ich habe mich dermaßen mit Nscho-tschi identifiziert und fühle mich ihr so nahe, daß ich manchmal das Gefühl bekomme, ihr zu ähneln. Ich empfinde das übrigens nicht nur selber so, man sagt es mir auch immer wieder. Nscho-tschi ist jemand, der mit seiner Persönlichkeit im Reinen ist und in sich ruht; sie ist ganz Liebe und Treue.

Den Roman haben Sie zusammen mit Ihrem Mann Pierre Viallet geschrieben. Wie hat die Zusammenarbeit funktioniert?

Ganz ehrlich: ausgezeichnet! Wir sind ganz unterschiedliche Persönlichkeiten und ergänzen uns deswegen perfekt. Jeder bringt seine Fähigkeiten ein: Pierre betrachtet die Geschichte eher aus der Sicht eines Regisseurs und legt Wert auf das Vorantreiben der Handlung. Ich, als Schauspielerin, konzentriere mich stärker auf die Persönlichkeitsstrukturen der einzelnen Charaktere und ihre Beweggründe, so oder so zu entscheiden. Denn wenn man eine Figur erfindet, gilt genau das Gleiche, wie wenn man sie spielt: Sie muß glaubwürdig sein!

War die enge Beziehung zu Ihrem Mann beim Schreiben nicht manchmal auch hinderlich?

Aber nein, ganz im Gegenteil!

Gibt es einen speziellen Moment, der Ihnen aus dieser Zeit besonders in Erinnerung bleiben wird?

Die ersten Seiten des Romans entstanden während eines Gewitters auf der Ile de Ré, wo wir immer den Winter verbringen. Pierre und ich saßen mit unserem Hund Puck gemütlich vor dem brennenden Kamin, als draußen ein richtiges Unwetter tobte. Da begannen wir unsere Geschichte zu spinnen: War nicht gerade zwischen den Blitzen das Gesicht von Nscho-tschi zu erkennen? Offensichtlich versucht sie, uns damit etwas zu sagen, aber was? Wir stellten uns vor, daß nicht nur wir, sondern auch ein alter Medizinmann, der Nscho-tschi gekannt hatte, das Gesicht gesehen hat. Er würde sich fragen, welches Rätsel Nscho-tschi umgibt, und versuchen, es zu lösen. Von diesem Moment an entwickelte sich die restliche Geschichte fast von allein.

Welche Botschaft transportiert das Buch?

Pierre und ich maßen uns nicht an, das Werk Karl Mays weiterführen zu wollen. Aber wir möchten auf jeden Fall seine Botschaft verbreiten, seine Poesie und Magie. Die Werke von Karl May sind von einem ganz besonderen Zauber umgeben – angefangen bei dem der Indianer –, den wir unseren Lesern gerne nahe bringen wollen.

Wo haben Sie die Inspiration gefunden? War viel Recherchearbeit notwendig ?

Wir haben beide das Glück, daß wir uns mit den Indianern und ihrer Kultur gut auskennen. Ich natürlich vor allem durch Karl May, Pierre durch die Fernsehserie „Mato l’Indien“, für die er das Drehbuch geschrieben und Regie geführt hat.

Wann erscheint das Buch ?

Ich präsentiere es erstmalig auf der Leipziger Buchmesse 2008. Am 15. und 16. März werde ich auf der Messe eine Lesung halten und am Stand des Karl-May-Verlags Bücher signieren.

Eine Französin, die ein Buch schreibt, das in Deutschland veröffentlicht wird – das ist ja eher unüblich. Warum haben Sie sich für diese Vorgehensweise entschieden?

Man kennt mich in Deutschland und deswegen habe ich hier auch schon meine Biografie veröffentlicht. Pierre hat zwei seiner Romane, „Ach Pierre!“ und „Füße wachsen im November“, in dem österreichischen Verlag Zsolnay und bei Rowohlt veröffentlicht. Dazu kommt, daß „Rätsel um N.T“ ja wie gesagt auf der Weiterführung einer Figur von Karl May beruht. Seine Werke werden zwar weltweit publiziert, sind in den deutschsprachigen Ländern aber natürlich am bekanntesten. Deswegen war es für uns eine logische Konsequenz, daß wir unser Buch in Deutschland veröffentlichen.

Sind Sie gerne in Deutschland?


Marie Versini

Ich sage immer von mir, daß ich eine „Deutsch-Korsin“ sei. Ich bin gerne in Deutschland und mag die Deutschen und ihre Mentalität. Viele meiner Freunde kommen aus Deutschland.

Welche Beziehung haben Sie zu Karl May und seinen Romanen?

Mein Vater war Universitätsprofessor, Germanist, und ein großer Bewunderer von Karl May. Wir haben viele Stunden damit verbracht, daß er mir aus Karl May-Büchern vorlas. So habe ich sie kennen und lieben gelernt, noch bevor ich selber lesen konnte.
Als treue Anhängerin seines Werks kenne ich auch Karl Mays Leben sehr gut. Um ihn auch in Frankreich bekannter zu machen, habe ich kürzlich eine Biografie ins Französische übersetzt – sie ist zu Karl Mays Geburtstag am 25. Februar im Internet erschienen.

Planen Sie eine Fortsetzung von „Rätsel um N.T.“?

Allerdings! Die Fortsetzung ist bereits zur Hälfte fertig und wird den Titel „N.T. macht Kino“ tragen.


Marie Versini und Pierre Viallet
Rätsel um N.T.

© 2008 Karl May Verlag Bamberg

176 Seiten, Format 14,5 x 22 cm
ISBN 978-3-7802-0454-7
€ 9,95 // sFr (UVP) 18,90

Über den Karl-May-Verlag:
Der Karl-May-Verlag wird seit über 90 Jahren, jetzt in dritter Generation, von der Gründerfamilie Schmid geführt. Inklusive Taschenbüchern und Lizenzausgaben wurden von Karl Mays Gesammelten Werken, die derzeit 88 Bände zählen, rund 80 Millionen Exemplare verlegt. Karl-May-Bücher wurden bisher in über 40 Sprachen übersetzt. Karl May ist der meistgelesene Schriftsteller deutscher Sprache.

Das BRAVO-Titelbild - Heft 28/1965 kann mit freundlicher Genehmigung des Heinrich Bauer Verlages gezeigt werden.

Redaktion: Frank Becker