Hochspannung – besser geht es nicht

„Unter Verdacht“: Verlorene Sicherheit

von Frank Becker

v.l.: Gerd Anthoff, Senta Berger, Michael Lerchenberg, Dirk Borchardt - Foto: ARD

Hochspannung – besser geht es nicht
„Unter Verdacht“: Verlorene Sicherheit
 
Regie: Andreas Herzog – Drehbuch: Stefan Holtz, Florian Iwersen – Kamera: Wolfgang Aichholzer – Musik: Sebastian Pille
Besetzung: Dr. Eva Maria Prohacek: Senta Berger - André Langner: Rudolf Krause - Dr. Claus Reiter: Gerd Anthoff  - Dr. Charlotte Lorenz: Bettina Mittendorfer - Staatssekretär Haberfeldt: Michael Lerchenberg – Cem Oktay: Sohel Altan Gol - Holger Wilhelm: Dirk Borchardt 
 
Der zweiteilige TV-Krimi „Verlorene Sicherheit“ aus der preisgekrönten Serie „Unter Verdacht“, den der Sender arte gestern Abend in drei Stunden komplett ausstrahlte, setzte Maßstäbe, an denen sich künftig jeder Geheimdienst-Thriller wird messen lassen müssen. Es ging um einen islamistischen Bombenanschlag auf den Münchner Oktoberfestauftakt, der 47 Menschenleben gefordert hatte und die undurchsichtige Beteiligung des bayrischen Verfassungsschutzes in die Vorbereitung und die Nichtverhinderung der Tat. Als neue Indizien dafür auftauchen, daß es neben dem Selbstmord-Attentäter Mittäter gab und die Tat hätte verhindert werden können, nehmen Kriminalrätin Dr. Prohacek (Senta Berger) und ihr Mitarbeiter André Langner (Rudolf Krause) trotz massiver Behinderung seitens LKA und Verfassungsschutz die Ermittlungen auf. Bald ergibt sich die Verwicklung der christlich-sozialen Regierungspartei und der Münchner Staatskanzlei in Vertuschungsversuche, die auch die Bundesanwaltschaft mit ihrer Staatsanwältin Charlotte Lorenz (Bettina Mittendorfer) und Dr. Prohaceks Chef Dr. Claus Reiter (Gerd Anthoff) enorm unter Druck setzt, die Ermittlungen fallen zu lassen. Als Bauernopfer dient der türkischstämmige Polizist Cem Oktay (Sohel Alten Gol), einst Ziehsohn von Eva-Maria Prohacek. Der Fernsehzuschauer und erfahrene Bürger ahnt es schnell: Mord soll aus politischen Gründen unaufgeklärt bleiben.


v.l.: Senta Berger, Gerd Anthoff Bettina Mittendorfer - Foto: ARD
 
Wie das von Andreas Herzog in Szene gesetzt wurde, ist aller Ehren wert. Spannend, raffiniert, höchst dramatisch, mitreißend – ein Lehnenkraller. Ein unerhört spannender und in allen Facetten dramatischer Abend fesselte an den Bildschirm. Da war wirklich alles drin: Mord, Erpressung, Amtsmißbrauch, Zeugenbeeinflussung, Beweismittelvernichtung, unmoralische Deals und islamische Verblendung. Eva Maria Prohacek (grandios und auch in ihrer Selbstüberschätzung souverän: Senta Beger) ermittelt trotz zweier Schlaganfälle weiter und stößt auf ein korruptes Wespennest. Ihr Assistent André Langner (Rudolf Krause, ein phantastischer Charakterdarsteller und unverzichtbar) steht wie gehabt als treuer Eckart unerschütterlich an ihrer Seite. In einer gefährlichen Position zwischen Recht und Eigennutz brilliert einmal mehr Gerd Anthoff als skrupelloser Dr. Claus Reiter, erpreßbar und von politischen Kräften ausgenutzt. Wie kann ein Schauspieler es nur aushalten, immer und immer wieder als Arschloch vom Dienst eingesetzt zu werden (z.B. Rosenheim Cops, Bulle von Tölz u.a.m.)? Das betrifft übrigens auch Dirk Borchardt, der immer die Fiesen spielen muß, hier den über Leichen gehenden Verfassungsschützer Holger Wilhelm. Hervorragend auch im politischen Wendemantel Bettina Mittendorfer als Bundesanwältin Lorenz. Es schaudert den Betrachter, aber so ist es wohl auch im wirklichen Leben.
 
„Verlorene Sicherheit“ ist ein aufrüttelnder Film über die Wirklichkeit in unserem Land, in dem salbadernde Politiker uns Sicherheit vorgaukeln. Doch längst ist diese vermeintliche Sicherheit durch „politisch korrekte“ Schmusekurse gegenüber Gefährdern in unserem Land dahin. Dieser Film verdient unsere Auszeichnung, den Musenkuß.
 
Weitere Informationen: http://programm.ard.de