Kinoknüller überzeugt auch auf der Theaterbühne

„Ziemlich beste Freunde“ - Inszrniert von Gerhard Hess

von Daniel Diekhans

Timothy Peach, Felix Frenken - Foto © Matthias Stutte

Kinoknüller überzeugt auch auf der Theaterbühne
 
„Ziemlich beste Freunde“

Komödie nach dem gleichnamigen Film
von Olivier Nakache und Eric Toledano
Bühnenfassung von Gunnar Dreßler
 
 
Regie: Gerhard Hess - Ausstattung: Cornelia Brey - Musik: Udo Becker - Technische Leitung und Licht: Andreas Hugenschmid - Bühne, Ton, Requisite: Kristaps Staskewitsch
Besetzung: Timothy Peach (Philippe) - Felix Frenken (Driss) - Sara Spennemann (Magalie, Prostituierte, Eleonore) - André Lassen (Antoine, Bewerber, Pfleger)
 
Die Komödie „Ziemlich beste Freunde“ war 2011 der erfolgreichste französische Film. Rund 20 Millionen Franzosen und danach neun Millionen Deutsche sahen die Story um den Underdog Driss, der für den querschnittsgelähmten Millionär Philippe zum idealen Begleiter und Kumpel wird. Daß der Kassenknüller auch auf der Bühne sehenswert ist, beweist das Tournee-Theater Thespiskarren mit der Inszenierung von Gerhard Hess. TV- und Bühnen-Star Timothy Peach („SOKO Köln“, „Der Bergdoktor“, „Sturm der Liebe“) schlüpft hier in die Rolle des querschnittsgelähmten Rollstuhlfahrers, der junge Theaterschauspieler Felix Frenken spielt dessen unkonventionellen Pfleger.
 
Die gut 650 Zuschauer im Saal des Remscheider Teo Otto Theaters ließen sich gerne auf das temporeiche Stück ein. Geradezu Stuntman-verdächtig agiert Felix Frenken in einer Szene als er sich Peachs Rollstuhl schnappt und damit über die Bühne saust. Immer schneller dreht sich der „Kinder-Porsche“ (O-Ton Driss) um die eigene Achse und Frenkens lange Afro-Locken wirbeln im Fahrtwind. Als er sich schließlich gekonnt aus dem High-Tech-Gerät fallen ließ, gab es verdienten Szenenapplaus.
Noch mitreißender sein Auftritt nach der Pause. „Oh, fein!“, rief eine Zuschauerin, weil Frenken hier statt der gewohnten Sport-Klamotten einen schicken Anzug trug. Der hinderte ihn aber nicht daran, vor jubelndem Publikum einen heißen Tanz aufs Parkett zu legen. Seine Mitspieler ließen sich davon anstecken. Sara Spennemann gab die Zurückhaltung der spröden Millionärs-Sekretärin auf und tanzte nicht weniger sexy als er. In seinem Rollstuhl schüttelte Timothy Peach seinen Kopf wie ein geborener Headbanger.
 
So wie hier holte Peach auch sonst das Beste aus seiner Handicap-Rolle heraus. Arme und Beine darf ja er nicht benutzen, bewegt werden sie nur von Pfleger Frenken. Umso reicher dafür sein Mienenspiel. Ausgeprägt ist auch sein Gespür für die Gags, die in Gunnar Dreßlers Bühnenfassung des Films stecken. „Jugend forscht“, kommentiert er knapp Frenkens erste Versuche, sich in den Pfleger-Job einzufinden. Sein trockener Witz ist das Gegengewicht zu Frenkens frechen Sprüchen, die gern auch unter die Gürtellinie gehen. Mal raffiniert, mal mit dem Holzhammer käbbeln sich die beiden. Es ist der Humor zweier Außenseiter. Der eine ist körperlich gehandicapt, der andere durch seine Abstammung und Hautfarbe. Verbal behaupten sie sich gegenüber einer verständnislosen bis feindseligen Umwelt – und das so clever, daß generationenübergreifend alle im Saal darüber lachen konnten.
 
„Ich bin Ihre Arme“, sagt Driss einmal im Stück zu Philippe. Frenken setzt diese Feststellung um und spielt zwei Stunden lang mit ungebremster Intensität. Selbst wenn er nicht zu Soul und Funk abtanzte, bewegte er sich mit federnden Schritten vor dem Bühnenbild von Cornelia Brey, das mit antiken Möbeln, Ziertapeten und einem hohen Regal voller Schmuckstücke den „goldenen Käfig“ des Millionärs darstellte. Kein Wunder, daß die Zuschauer ihn am Ende mit Bravo-Rufen feierten.
 
Eleganz und subtile Mimik zeigte Sara Spennemann als Sekretärin Magalie. Da reichten heraufgezogene Augenbrauen, um die Lacher auf ihre Seite zu ziehen. André Lassen überzeugte in den kleinen, aber nicht weniger wichtigen Nebenrollen. Er ist der Pflege-Profi, der Peach mit seiner Pedanterie furchtbar auf die Nerven geht, oder Antoine, das Sprachrohr für die ach so besorgte Verwandtschaft des Querschnittgelähmten. Driss, der Junge aus der Vorstadt, habe kein Mitleid, warnt Antoine. Philippes Antwort, ohne mit der Wimper zu zucken: „Genau das ist es, was ich will. Kein Mitleid.“
 
Weitere Informationen: www.thespiskarren.de