Vom Guten Ton auf Reisen
Ein amüsanter Blick zurück auf Kulturen der Welt Wenn einer eine Reise tut... – dann kann er nicht nur hinterher etwas erzählen, er sollte sich zur Vorbereitung seiner Reise – auch heute im Jet-Zeitalter – über Land und Leute, Sitten und Gebräuche des Landes informieren, das er zu besuchen gedenkt. Denn ein Gast ist er, dem Rücksicht auf die Menschen und ihre Lebensgewohnheiten auferlegt ist, deren Heimat er betreten darf. Leider fallen viele Sandalentouristen in fremde Länder ein wie wildgewordene Teutonenhorden oder tumbe Botschafter von Kaugummi und Coca-Cola. Katja Alves und Dawn Parisi tragen dem Problem mit Witz und Reiseerfahrung in ihrem 2006 erschienenen nützlichen Bändchen „Darf man das? - Ein Benimmbuch für unterwegs“ Rechnung. Ein leuchtendes Beispiel für das Einfühlen in Menschen und Kulturen war der vielleicht bekannteste deutsche Reisejournalist des ausgehenden 20. Jahrhunderts, Rolf Nöckel (1953-2017), der 35 Jahre lang für die Westdeutsche Zeitung die Erde umrundete. Seine Kolumne „Reisefieber“ in zwei Bänden (2005 und 2015) gesammelt erschienen, öffnete dem Leser einen philanthropischen Blick auf die Welt und ihre Menschen.
Als ich vor 44 Jahren das erste Mal in China war, habe ich neben wunderbaren Begegnungen mit Chinesen in meinem Reisetagebuch notiert: „...Leider fehlte an diesem heiligen Ort (gemeint war der Lama-Tempel in Peking) nicht „die“ amerikanische Touristin, die sich nicht entblödete, in Shorts und mit nackten Beinen herumzulaufen. Die höflichen Chinesen, auch die Mönche, zeigten ihr nicht offen ihr Mißfallen, doch hinter ihrem Rücken wurde getuschelt, mit dem Kopf geschüttelt und mit den Fingern gezeigt...“. In China bei Tisch geräuschvoll schmatzen und schlürfen, den abgenagten Hühner-Knochen aufs Tischtuch werfen – kein Verstoß gegen die guten Sitten, wie immer wieder auf dem Festland und in Taiwan erlebt. Aber wehe, sie schneuzen sich als unbedarfter Europäer beim Essen die Langnase! Das würde als höchst unanständig aufgefaßt. Um solche Situationen vermeiden zu können, haben seit eh und je welterfahrene und weitgereiste Leute hilfreiche Bücher geschrieben.
Da ist zum Beispiel Hans-Otto Meissner, Diplomat und Verfasser vieler spannender Reisebeschreibungen über alle Winkel der Erde. Vor 63
Den Vogel aber schießt der Heidelberger Völkerkundler Afrika-Reisende Hans Himmelheber mit seinem Buch „Der gute Ton bei den Negern“ ab,
Zu den erwähnten Büchern:
- Katja Alves/Dawn Parisi – „Darf man das?“, Sanssouci im Carl Hanser Verlag, München 2006
- Hans-Otto Meissner – „Reise richtig – auch im Ausland“, Brühlscher Verlag, Gießen 1955 - Hans-Herbert Blatzheim – „Cocktails, Kaffern, Caviar“, Verlag Gourmet, Köln 1961 - Hans Himmelheber – „Der gute Ton bei den Negern“, Verlag Richter u. Co., Heidelberg 1957 - Clemens Wilmenrod – „Es liegt mir auf der Zunge“, Hoffmann und Campe, Hamburg 1954 |