„Zwischen allen Stühlen“

Eine Ausstellung in Herne über das Sitzen

Red./Are/Bec

„Zwischen allen Stühlen“

Eine Ausstellung in Herne über das Sitzen
 
Zwischen allen Stühlen“ heißt eine Ausstellung, die seit kurzem im Emschertal-Museum in Herne zu sehen ist. Die Ausstellung über das Sitzen und seine Möbel ist  bis zum 21. Januar nächsten Jahres im Schloß Strünkede eingerichtet und behandelt die „Kulturtechnik“ des Sitzens, die der Mensch, nachdem er von den Bäumen herunter gekommen und vom Boden aufgestanden war, schon früh als bequem entdeckte, perfektionierte und heute nicht selten übertreibt (finden die Initiatoren).
 
Der Mensch sitzt. Ständig. Zumindest in der westlichen Welt verbringen wir unsere Zeit größtenteils sitzend. „Es gibt Stühle und Sitze für alle Anlässe und Lebensphasen. Sitzen ist Alltag“, so die Aussteller. Ausgewählte Exponate aus der ansehnlichen Sammlung von Sitzmöbeln des Museums sowie Leihgaben belegen die Vielfalt und Entwicklung des Stuhldesigns und gleichzeitig die Bedeutung des Sitzens in unserem Kulturkreis.
Ob zweckmäßige Schul- oder Küchenstühle, Designklassiker wie der Frankfurter Stuhl oder die Thonet-Stühle, reich verzierte repräsentative historische Exemplare, unbequeme aber unverzichtbare Schemel und Hocker, der Ohrensessel, ein Kinderhochstuhl, der selbstgebaute „Toilettenstuhl“ oder auch die Küchenbank – Besucher werden vieles wiedererkennen und über so manches staunen.
Spezielle Blickfänge sind die in aufwendiger Kleinarbeit hergestellten Miniatur-Sitzmöbel für das Puppenhaus.
 
Besucher können diverse Sitzarten ausprobieren, wie das ursprüngliche Sitzen ohne Stuhl, also das Kauern oder Knien. Die ersten Menschen saßen vielleicht auch auf Steinen oder Holzblöcken. Während sich in Europa das Sitzen auf Sitzmöbeln durchsetzte, läßt sich die halbe Erdbevölkerung auf dem Boden nieder. Früher saßen nur mächtige oder wohlhabende Menschen auf einem richtigen Stuhl, der Rest stand, lag oder kauerte, bestenfalls gab es Schemel: Sitzen auf Sitzmöbeln war Ausdruck von Hierarchie, ein Privileg und eine Machtdemonstration. Wer auf einem Stuhl oder Thron sitzt, wie beispielsweise dem aus der Dauerausstellung im Museum entliehenen Strünkeder Thron, nimmt eine erhabene Position ein, „thront“ über denjenigen, die sich zu seinen Füßen auf dem Boden niederlassen. Im alten Ägypten saßen nur die Pharaonen. Ihr Thron war das Symbol der Götter.
Erst im 18. Jahrhundert wurde der Stuhl zum Volksmöbel, wird vom Machtsymbol zum Gebrauchsgegenstand, vom Luxus zum Alltag. Das Bürgertum machte es sich gerne drinnen gemütlich und legte Wert auf entsprechend schöne Sitzmöbel: In Salons und Wohnzimmern standen schicke Sofas und plüschige Sessel.

 
Die Ausstellung ist dienstags bis freitags von 10 bis 13 Uhr und von 14 bis 17 Uhr, samstags von 14 bis 17 Uhr sowie sonntags von 11 bis 17 Uhr geöffnet.
Schloß Strünkede - Karl-Brandt-Weg 5 - 44629 Herne
 
 
Literaturempfehlungen:
„Homo sedens“ – Sitzkultur in Tirol, 2010 Verlagsanstalt Athesia, Bozen
„Moderne Klassiker“ – Schöner Wohnen, 1990 Verlag Gruner + Jahr
„Möbeldesign des 20. Jahrhunderts“ (Sembach/Leuthäuser/Göschen) – o.J. Taschen
„The Design of Herman Miller“ (Ralph Kaplan), 1976 Watson-Guptill, New York
„Dokumente der Gestaltung“, 1999 DVA
„Das Möbelbuch“ (Bermpohl/Winkelmann), 1958 C. Bertelsmann
 
Redaktion: Frank Becker