Schiller – komisch und doch ernst zu nehmen
Kabarett-Duo amüsiert mit Klassiker-Versen
Klischees blühen und gedeihen. Besonders wenn es um Klassiker geht. Die Vorurteile gegen den Dichter und Denker Schiller zeichnen sich durch ihre Langlebigkeit aus. Schon seine Zeitgenossen haben ihn gern durch den Kakao gezogen, von der Nachwelt ganz zu schweigen. Man denke nur an die vielen Parodien auf „Die Glocke“. Pathetisch und humorfrei sei seine Sprache, weltfremd seine Gedanken. Michael Quast und Philipp Mosetter erfanden bei ihrem Remscheider Gastspiel im Teo Otto Theater „Verrat, Verrat und hinten scheint die Sonne“ noch ein paar Schiller-Klischees hinzu. Natürlich mit kräftigem Augenzwinkern.
Als Schlaumeier vom Dienst bringt Mosetter die Person Schiller auf die Formel „berühmt, erfolgreich und krank.“ Jedes Schiller-Drama kann er – ernst wie ein Professor blickend – mit den ständigen Krankheiten des Dichters erklären. Tuberkulose? Poetische Inspiration? Mosetter sieht da keinen Unterschied. Sidekick des Schiller-Interpreten, der vom klassisch schwarzen Schreibtisch aus doziert, ist Quast, die „Rampensau“. Bei ihm dauert ein Schiller-Stück nicht länger als drei Minuten – und dabei spielt er (fast) alle Rollen, macht passende Geräusche, singt und musiziert auf unsichtbaren Instrumenten. Beim Dramen-Schnelldurchlauf mimt Quast sogar die Krankheiten des Autors mit. Da wird gehustet und gewürgt und mit den Augen gerollt. Auch wenn da einige Zuschauer die Köpfe schüttelten – den meisten tat vor Lachen das Zwerchfell weh.
Die ungleichen Bühnenpartner käbbeln sich nur zu gerne. Wie ein tyrannischer Regisseur seinen Schauspieler, kommandiert Mosetter Quast herum. („Ich kann ihn so lange da stehen lassen wie ich will!“) Der rächt sich für die schlechte Behandlung, indem er die Schiller’schen Verse mit wechselnden Dialekten ver(un)ziert. Pfälzisch zum Beispiel (Quast stammt aus der Gegend, nämlich aus Heidelberg) oder Sächsisch. Nach der Pause allerdings bekam Quast seinen Willen und durfte sich austoben mit seinem Lieblingsdrama „Wilhelm Tell“.
Wären da nur nicht Mosetters „Regieeinfälle“ gewesen! Er besteht auf der Darstellung der Schweizer Naturkulissen. Also muß Quast von der Bühne heruntersteigen und sich durch eine Reihe amüsierter Zuschauer drängeln. „Entschuldigung, ich bin der Stauffacher, ich muß kurz über den See.“ Still wurde es im Saal, als Quast mit eindringlicher Stimme die Apfelschuß-Szene vortrug. Klar, man kennt die Story – und doch zitterte man mit und hoffte, daß Wilhelm Tells Pfeil den Apfel und nicht seinen kleinen Sohn träfe. So glückte Quast und Mosetter ein Plädoyer für den Klassiker, das – allem parodistischen Witz zum Trotz – den Dichter und sein Werk ernst nimmt.
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