Edouard Manet - Der „Pate“ des Impressionismus

Eine Ausstellung im Von der Heydt-Museum Wuppertal

von Frank Becker

Etienne Carjat - Manets Visitenkarte
Der „Pate“ des Impressionismus
 
Wuppertal widmet Edouard Manet eine prächtige Ausstellung
(und schöpft gleichzeitig aus den eigenen Schätzen dieser Epoche)
 
 
„Ich male, was ich sehe.“
Edouard Manet
 
Morgen öffnet im Wuppertaler Von der Heydt-Museum eine der größten Manet-Ausstellungen der letzten Jahre für das Publikum ihre Pforten. Museumsdirektor Dr. Gerhard Finckh, der die Ausstellung kuratiert hat, schließt damit den Zyklus seiner langfristig angelegten beachtlichen Ausstellungsreihe zum französischen Impressionismus, die mit der Welt von Barbizon begann, und in der er bereits Auguste Renoir, Claude Monet, Alfred Sisley, Camille Pissarro, Edgar Degas und Auguste Rodin präsentiert hat. Daß es überhaupt zu dieser aufwendigen Schau kommen konnte, dankt das Museum der Förderung und dem Engagement des Kunstmäzens Heinz-Olof Brennscheidt, der das Zustandekommen - wie schon bei vielen vorausgegangenen Ausstellungen - über seine Stiftung großzügig unterstützte.

In fast dreijähriger Vorbereitungszeit ist es Gerhard Finckh gelungen, 45 Gemälde Edouard Manets (1832-1883) von Leihgebern aus aller Welt (Paris, Madrid, Philadelphia, Melbourne, Zürich, Ohio, Berlin, Budapest, Charlottenlund, Sao Paulo, Chicago, Stockholm, Tokio, Lille u.v.a.m.) in seinem Haus zusammenzubringen, dazu etliche graphische Blätter, Aquarelle und Fotografien. Angefüttert wird die in elf Sälen thematisch und nach Lebensabschnitten arrangierte Ausstellung durch Werke diverser Impressionisten - zu denen sich Manet energisch nicht zählte - sowie eine Vielzahl zeitgenössischer Werke von der Hand aller bekannter und vieler kaum bekannter französischer Impressionisten. Es ist so gelungen, den künstlerischen Aufbruch einer Epoche nicht nur grob zu umreißen, sondern ihn brillant zu illustrieren.

 
 Edouard Manet, Die Krocket-Partie 1873 - Foto © Frank Becker

Aus gutbürgerlichen Verhältnissen stammend und sich dem Bürgertum und einer demokratischen Republik verbunden fühlend malte Manet besonders gerne für das französische Bürgertum, und besonders aus dessen Leben. Nie hat er ein Bild von oder für den sogenannten „Bürgerkönig“ Louis Philippe I. oder später für Kaiser Napoleon III. geschaffen, ja nie den Adel als Thema für seine Malerei oder Portraits gewählt. Seine Portrait-Modelle nahm er aus seiner unmittelbaren Umgebung, Freunde, Familie, Kollegen.
Ohne Pathos, ohne Zuckerguß (Gerhard Finckh) stellt er das sachlich wesentliche in den Mittepunkt seiner Bilder, zeigt Alltagsszenen in Cafés, auf der Rennbahn, Stücke aus Seefahrt und Fischerei, aber auch den Tod als individuelle Katastrophe („Die Explosion“, „Der Selbstmörder“), dazu durchaus tagespolitisch inspirierte Sujets wie „Die Erschießung Kaiser Maximilians von Mexiko“ (1868) oder „Rochforts Flucht“ (1881), wunderschöne Stilleben, charaktervolle Porträts und gerne auch mal ein „Skandälchen“ mit einem provokativen Akt – wobei die Provokation nicht in der Nacktheit lag, Nackte malte damals jeder Künstler, sondern in dem Blick des Modells aus dem Bild heraus auf den voyeuristischen Betrachter. Zwar fehlen berühmte Bilder wie „Olympia“ (1867) und „Frühstück im Grünen“ (1863) oder die erwähnte Erschießung Kaiser Maximilians, weil sich schlicht nicht ausleihbar waren, doch gelingt es der Ausstellung, solche Lücken mit anderen hinreißenden Bildern wettzumachen. Die 45 gezeigten Öl-Bilder stellen immerhin ein Zehntel der 450 erhalten gebliebenen Gemälde Manets dar.


Edouard Manet, Porträt der liegenden Berthe Morisot 1873 - Foto © Frank Becker

Lebenslang verbanden enge Freundschaften Manet mit den Impressionisten, von denen er einige sogar gelegentlich finanziell unterstützte, doch er fühlte sich nicht zu ihrem Kreis gehörig, hielt Distanz, wenn auch viele seiner eigenen Bilder durchaus impressionistisch wirken, ja es sind. Manet wollte immer nur im Pariser Salon ausstellen, was ihm bei 11 Ablehnungen immerhin 14mal gelang. Dort nämlich konnte er sein Werk einer breiten Öffentlichkeit vorstellen und eben auch gewollt künstlerisch wie politisch provozieren. Sein Gemälde von Kaiser Maximilians Erschießung wurde sofort verboten und entfernt, sicher nicht zuletzt, weil ein Soldat des Erschießungskommandos die Züge Napoleons III. trägt.
Edouard Manet wurde nur 51 Jahre alt. Dennoch kann er für sich beanspruchen, alle wichtigen impressionistischen Maler seiner Zeit, aber auch andere nachhaltig beeinflußt zu haben.

 
Edouard Manet, Schwarzes Boot bei Berck 1873 - Foto © Frank Becker

„Selbstverständlich stehen und sprechen die wunderbaren Werke Manets in der Ausstellung für sich, aber es könnte für das Publikum hilfreich sein, Manet nicht nur in seiner Einzigartigkeit zu präsentieren, sondern sein Oeuvre in Relation zu stellen zu den Akteuren und Kunstbewegungen seiner Zeit", sagt Dr. Gerhard Finckh. So integriert das Museum nicht nur die Werke seiner Freunde Claude Monet, Auguste Renoir, Frédéric Bazille, Honoré Daumier, Gustave Courbet, Edgar Degas usw., sondern stellt Manets Bilder auch in einen Dialog mit Arbeiten seiner weniger bekannten Freunde wie Berthe Morisot, Marcellin Desboutin, Henri Fantin-Latour, Ludovic Lepic, Alfred Stevens, Félix Braquemont, Thomas Couture, Narcisse Diaz und anderen, um so das Geflecht an Künstlern erahnbar werden zu lassen, in welchem Manet sich bewegte. So ist diese Ausstellung im Von der Heydt-Museum auch ein Versuch, die Bildwelt der künstlerischen Avantgarde in Frankreich zwischen etwa 1860 und 1880 erkennbar werden zu lassen und sowohl Manets Verbindung dazu als auch seine herausragende Stellung darin zu beleuchten. Geradezu erstaunlich ist dabei, was das Wuppertaler Museum aus eigenen Beständen dazu beizutragen im Stande ist.


Edouard Manet, Beim Pere Lathuille 1879  - Foto © Frank Becker

Das Interesse an der für vier Monate geöffneten Ausstellung war schon vor der Eröffnung so groß, daß bereits jetzt 1000 Gruppenführungen gebucht wurden.
Zur Ausstellung ist ein von Gerhard Finckh herausgegebener 312 Seiten starker prachtvoller Katalog erschienen, der sämtliche ausgestellten und viele andere im Kontext wichtige Bilder zeigt, begleitet von Fachaufsätzen internationaler Kapazitäten, darunter Ina Conzen, Stéphane Guégan, Ulrich Pohlmann und Marion Agthe. Zum Preis von nur 25,- € ist er im Museum zu erhalten. Auch ein Film über Manet wurde von Werner Raeune gedreht, die DVD ist für 15,- € ebenfalls im Museum zu bekommen.

Die Musenblätter werden über die Ausstellung - auch mit Blick auf die Bestände des Von der Heydt-Museums - weiter berichten und Zug um Zug auch die Zeitgenossen Manets mit ihren Bildern vorstellen.
 
Edouard Manet – Von der Heydt-Museum Wuppertal
24.10.2017 bis 25.2.2018
Informationen über Öffnungszeiten, Eintrittspreise, Gruppenführungen, Anreise etc.: www.manet-ausstellung.de