Wuppertal ist eine interessante Stadt.

Thorsten Dette – „Wuppertal so wie es war“

von Frank Becker

Elberfeld – Barmen – Wuppertal
Lebendige Geschichte von 1870 - 1980
 
Seit jeher ist die Aufarbeitung von Stadt- und Regionalgeschichte im Buch ein besonders beliebtes und meist mit Herzblut betriebenes Genre. Die in Schrift und vor allem im raren Bild gepflegte Erinnerungskultur schenkt Betrachtern und Lesern eine zärtliche Reise in die eigene Vergangenheit, meist mit freudigem Wiedererkennen, oft sehnsuchtsvoll, fast immer aber von hohem Informationswert. Wege zu sehen, auf denen man einst ging, Gebäude, die man kannte und die längst abgerissen sind, im alten Glanz wiederzusehen, Schaufenster, die den vergangenen Zeitgeschmack vermitteln – ein Vergnügen, das man zwischen zwei Buchdeckel packen und bewahren kann.
Elberfeld und Barmen, das eine die Kaufmanns- das andere die Fabrikstadt an der Wupper, im Jahr 1929 im Rahmen einer Gebietsreform mit den kleineren Gemeinden Ronsdorf, Cronenberg und Vohwinkel zu einer kreisfreien Stadt zusammengefügt und 1930 mit dem Namen Wuppertal belegt, sind ein erinnerungsträchtiges Stadtgebilde, dessen Geschichte von zwei Quellen gespeist wird. Denn auch mehr als 75 Jahre danach sprudeln immer noch beide: Elberfeld und Barmen.
 
Es gibt natürlich schon vielfältig historische Abhandlungen über das Wuppertal und seine Einzelgemeinden, Erinnerungs-Bücher, „Einst und jetzt“-Bände, Chroniken. Da etwas neues auf die Beine zu stellen ist redlich schwer. Thorsten Dette ist das mit dem großformatigen Bildband „Wuppertal so wie es war“ gelungen. Seit 2010 ist Dette im Stadtarchiv Wuppertal als Archivar an der richtigen Stelle, um so ein Projekt mit Substanz zu versehen. Aus dem Fotobestand des Stadtarchivs hat er über 300 Schwarz-Weiß-Fotografien aus der Zeit zwischen 1870 und 1980 ausgewählt und zusammengestellt, mit denen er vom Zusammenwachsen der Städte Barmen und Elberfeld erzählt (der Barmer und der Elberfelder sieht das jeweils ein bißchen anders), vom Bau der Schwebebahn, den verheerenden Bombennächten 1943 und den Menschen, die ihr Leben und ihre Stadt wieder neu aufgebaut haben. Viele der auf bestem Papier gedruckten Fotos werden nach aufwendiger Bearbeitung hier erstmalig veröffentlicht, begleitet von knappen, doch ausreichend informativen Texten. Das Gewicht liegt bei den Bildern, die nicht nur Straßen, Bauten, Treppen und Türme zeigen, sondern auch Menschen auf der Straße, was das Buch lebendig macht. Daß Wuppertal nicht einmal wenige Berühmtheiten hervorgebracht hat, erzählt das Kapitel „Gesellschaft und Kultur“ u.a. mit Bildern von Helene Stöcker, Gerhard Domagk, Wilhelm Girardet, Else Lasker-Schüler, Walter Bloem und Rudolf Herzog. Müssen wir Friedrich Engels erwähnen und die 1899 gegründete Konsumgenossenschaft? Wuppertal ist eine interessante Stadt.
 
In thematisch orientierte Kapitel eingeteilt bietet der Band einen einzigartigen Schatz an Bildern aus der Zeit vor der Stadtgründung 1929, vom 3. Reich, der Kriegszerstörung und dem Wiederaufbau aus den 40er und 50er Jahren, von Bauwerken und Wahrzeichen wie Treppen und Denkmälern, der Schwebebahn, der einstigen Bergbahn und der Straßenbahn, vom Handel, Gewerbe und Industrie, aus Gesellschaft und Kultur wie z.B. Theater, Concordia und Uhrenmuseum, Sport, Gesundheit und Bildung sowie der Natur dieser Stadt im Grünen und Freizeitvergnügen, wozu der Zoo, die Barmer Anlagen, das im Krieg zerstörte Planetarium gehören. Nebenbei: Vieles, was der Krieg verschont hat, wie u.a. die einzigartige Bergbahn, das Thalia-Theater aus der Gründerzeit, das Odeon-Kino (Jugendstil) wurden später von einer kurzsichtigen Kommunalpolitik abgeschafft, zerstört, niedergerissen. Einzig Bilder erinnern noch daran. Was dem wirklich schönen Buch, das an sich ein Vergnügen und seinen Preis allemal wert ist, leider fehlt, ist ein Index, mit dessen Hilfe man sich nach Örtlichkeiten, Bauten und Personen orientieren könnte.


 Die illustrierte Inhaltsübersicht

 
Thorsten Dette – „Wuppertal so wie es war“
© 2017 Droste Verlag, 176 Seiten, gebunden, mehr als 300 Fotos
ISBN 978-3-7700-1580-1
€ 29,99
 
Weitere Informationen:  www.droste-verlag.de