Notizen
...zu Peinlichkeiten
Erwin Groschen: „Sagen se mal, sie sind doch dieser bekannte Kleinkünstler. Sagen se nichts. Ich komme gleich auf ihren Namen.“ Er sagte nichts und dachte nach. „Ach Mann, ich habe sie kürzlich noch im Fernsehn gesehen.“ Ich stand ratlos dem Pärchen gegenüber und beschloß zu helfen. Ich sagte: „Keine Sorge. Ich kenne das. Man sieht jemanden und kommt nicht auf dessen Namen, obwohl er einem auf der Zunge liegt.“ Der Mann und die Frau nickten, obwohl ich der Frau ansah, daß ihr nichts auf der Zunge lag und ich ihr völlig egal war. Sie wollte nicht wissen wer ich war und wie ich hieß. Sie blickte mich an, als machte sie mich dafür verantwortlich, daß ich nicht bekannter war. Ich sagte: „Ich heiße wie die frühere Währung.“ Alle überlegten, ich auch, schließlich riß die Frau erleichtert die Augen auf und fragte: „D-Mark? Heißen sie vielleicht D-Mark.“ Ich schüttelte verwirrt den Kopf. „Nein, ich heiße doch nicht D-Mark. Kein Mensch heißt D-Mark. Erinnern sie sich doch daran, was man früher zu einer 10 Pfennig Münze sagte.“ Ich schaute flehentlich die Frau an, sie schien mir von dem Paar die zu sein, die mit beiden Füßen auf dem Boden stand, als der Mann plötzlich losplatzte: „Groschen. Natürlich, sie heißen Erwin Groschen.“ Ich nickte und ließ es dabei bewenden. Die Antwort schrabbte so dicht an der Lösung vorbei, das man gut damit leben konnte. Die Zeit vergeht ja auch und die Jahreszeiten warten nicht auf uns. Wir müssen zufrieden sein, wenn wir nochmal Schnee sehen dürfen und Blitze uns heimsuchen. Als ich ging, sprach er mir einen Text hinterher, von dem er wohl gedacht hatte, er würde von mir stammen:
„Wohin gehen wir mein Kind
Dort wo alle andern sind
Wohin gehen wir mein Huhn
Dort wo alle sich ausruhn
Wohin gehen wir mein Pferd
Dort wo niemand sich beschwert
Wohin gehen wir mein Schwein
Dort wo es nicht gibt Eisbein
Wohin gehen wir mein Kind
Dort wo alle andern sind“
Ich habe mich in Grund und Boden geschämt.
© Erwin Grosche
Redaktion: Frank Becker
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