Der komische Kern der „Carmen“

Michael Quast und Sabine Fischmann zeigen Bizets Meisterwerk als Mini-Oper.

von Daniel Diekhans

Foto © Wolfgang Runkel
Kabarettist legt den komischen
Kern der „Carmen“ frei
 
Unterhaltung war garantiert:
Michael Quast zeigte „Carmen“
im Teo Otto Theater als Mini-Oper.
 
Für Michael Quast ist sonnenklar: „Carmen“ ist eine Dreiecksgeschichte. Mit einer selbstbewußten Heldin, um die sich zwei ziemlich lächerliche Alphamännchen streiten. Deshalb braucht Quast für „Carmen à trois“, seine Kabarett-Version der weltweit am häufigsten aufgeführten Oper, nur eine kongeniale Partnerin. Auftritt: Sabine Fischmann, die wie er sämtliche Rollen singt und dazu noch jede Menge Instrumente spielt. Und für alle Fälle noch den Pianisten Rhodri Britton.

Im Teo Otto Theater begleitete er seriös-zuverlässig die Frontalangriffe des Zweierteams auf die Ohrwürmer der Oper. So spielten Quast und Fischmann die Ouvertüre etwa auf Blockflöten, und zwar derart schief, daß die 60 Zuhörer sich schüttelten vor Lachen. Natürlich war auch „Carmen à trois“ ein Drama der Leidenschaften – nur eben dargestellt von zwei biederen Gestalten, die so wirkten, als hätten sie sich auf dem Weg ins Büro auf die Opernbühne verirrt. Da verwandelte sich Fischmann von der bebrillten, grauen Maus in eine Carmen mit verführerischem Augenaufschlag und perfekt sitzendem spanischem Akzent. Auch Quasts abgetragener beiger Pullunder war vergessen, wenn er einen von Carmens Männern spielte – mal das ewig eifersüchtige Muttersöhnchen Don José, mal den vor Testosteron strotzenden Stierkämpfer Escamillo. Dieses Spiel-im-Spiel-Konzept hätte irgendwann langweilig werden können. Der Clou war nun, daß die Opernhandlung immer stärker auf die Darsteller abfärbte. Zwischen Biedermann und Biederfrau funkte es und aus der Pause kehrten sie – zur Gaudi des Publikums – händchenhaltend zurück.

Doch wie schon in der Oper wurde nichts aus der Zweisamkeit. Denn da war ja noch ein zweiter Mann, nämlich der Pianist. Der brach aus der Begleiter-Rolle aus, sang lauthals mit und schien für Fischmann auf einmal viel anziehender als Quast. Fischmann setzte sich also zu Britton an den Flügel – und ihr Duett entpuppte sich als musikalisches Highlight.
Die Beschränkung aufs Wesentliche war die Stärke der „Carmen“ à la Quast. Ein Schwachpunkt waren Gags, die der Opernhandlung künstlich aufgepfropft wurden. Am Ende hielten sich die Gäste freilich ans Gelungene und überschütteten das Trio mit Applaus.
(dad)