Bielefelder Sumpf

Christiane Antons – „Yasemins Kiosk – Zwei Kaffee und eine Leiche“

von Frank Becker

Bielefelder Sumpf
 
Start einer witzigen Krimi-Reihe?
 
Die vorläufig suspendierte Polizistin Nina Gruber aus Wuppertal verbringt ihr angebliches „Sabbatjahr“ in ihrer Geburtsstadt Bielefeld, wo sie sich trotz aller Differenzen um ihre psychisch angeschlagene schwierige Mutter kümmert. Als sie es schließlich in der gemeinsamen Wohnung nicht mehr aushält, führt der Zufall sie zu Dorothee „Doro“ Klasbrummel, die in ihrem Mehrfamilienhaus eine Wohnung annonciert hat. Die recht eigenwillige Vermieterin hat aufgrund eines Traumas seit fünfzehn Jahren die eigenen vier Wände nicht verlassen können, aber ihren Verstand, ihre Menschenliebe und ihre Tatkraft hat sie trotzdem bewahrt. Die beiden Frauen verstehen sich auf Anhieb und bilden schnell mit der handfesten jungen Kioskbesitzerin Yasemin Nowak, die ebenfalls eine Wohnung im Haus hat und unten ein „Büdchen“ mit pittoresker Stammkundschaft betreibt, ein (nahezu) unschlagbares Trio.
Als Nina und Yasemin im Papiercontainer neben dem Kiosk die Leiche eines jungen Mannes finden und die Polizei von einem Unglücksfall spricht, müssen sie sich als kluge Ermittlerinnen beweisen, denn Yasemin kannte den Toten, einen türkischstämmigen Rechtsanwalt und glaubt fest an Mord. Der Leser bekommt von Christiane Antons in ihrem Krimi-Erstling den Informationsvorsprung, daß es tatsächlich Mord war und folgt dem professionellen Ansatz Ninas, dem etwas chaotischen Handeln Yasemins und dem systematischen Vorgehen Doros mit Vergnügen. Zumal, da gerne mal gemeinsam geschnäpselt und gekifft wird und ein richtig netter Bielefelder Kriminalkommissar auf den Plan tritt, der offensichtlich an Nina interessiert ist – und vice versa.
 
Ein zweiter Handlungsstrang ist die immer unheimlicher werdende Geschichte eines anonymen „Verehrers“ der lebenslustigen Yasemin, die gerne mal die Männerwelt ausprobiert. Der Stalker verfolgt sie mit üblen Briefen, Schmierereien und häßlichen „Geschenken“. Ein Verflossener, ein Abgewiesener, gar eine Nebenbuhlerin? Die Sorge der Frauen um Yasemin ist berechtigt.
Weil Nina nicht im Amt ist und folglich schwer an Informationen aus den Ermittlungsakten kommt, benutzt sie die Zuneigung von Kommissar Tim Brüggenthies aus, um ihm Interna zu entlocken – mit der Folge, daß er sich nach einiger Zeit zu Recht ausgenutzt fühlt und sie brüsk abweist. Dumm gelaufen, Nina! Jetzt müssen die drei Damen alleine weitermachen. Sie stoßen auf einen Sumpf aus Korruption, Boden-Spekulation, Baurechts-Verletzungen und Umweltsünden, auf die wohl auch schon der ermordete Anwalt gestoßen war. Die Sache wird brenzlig, als die Ermittlungen den betroffenen Kreisen zu Ohren kommen…
 
Christiane Antons hat ihr Personal mit Sorgfalt und Liebe entworfen und interessante Charaktere gezeichnet. Sie verzichtet dankenswerterweise auf allzuviel Brutalität, unnütz platten Sex und Vulgärsprache, versteigt sich auch nicht in den Fehler vieler Regionalkrimis, die eher erzählte Stadtpläne sind und bleibt dicht am Alltag normaler Menschen. Ein richtig feines, unterhaltsames Krimi-Debüt, das vermuten läßt, daß Nina, Doro und Yasemin und sicher auch Tim Brüggenthies nicht zum letzten Mal gemeinsam auf Verbrecherjagd gegangen sind. Wenn das so ist, sind die Musenblätter dabei.
 
Christiane Antons – „Yasemins Kiosk – Zwei Kaffee und eine Leiche“
Kriminalroman
© 2018 Grafit Verlag, 191 Seiten, Broschur  -  ISBN 978-3-89425-582-4
11,- €  /  E-Book 9,99 €
Weitere Informationen:  www.grafit.de  -  www.christianeantons.de