Traummusik

Markus Stockhausen und die Bergischen Symphoniker

von Frank Becker

Markus Stockhausen - Foto © Ssirus W Pakzad

Traummusik
 
Markus Stockhausen und die Bergischen Symphoniker
 im 7. Philharmonischen Konzert
 
Grenzgänge“ war das Programm des 7. Philharmonischen Konzerts der Bergischen Symphoniker der Saison 2001/02 überschrieben, weil einmal nicht die Normalkost sinfonischer Abende auf dem Menü stand. Fast entschuldigend daher auch die Ansage von Generalmusikdirektorin Romely Pfund, nach der Pause werde es etwas leiser. Doch was Chor und Bergische Symphoniker brillant und hochmelodisch nach besagter Pause mit John Rutters „Magnificat“ und dem Main-Title aus „Star Wars“ zeigten, hatte keine Chance, auch nur im Ansatz zu erreichen, womit im ersten Teil bereits Maßstäbe gesetzt worden waren.
 
Selbst die vorzügliche Sopranistin Nuria Riál, eine Frau mit einer anrührenden Stimme von der Klarheit eines Frühlingsmorgens, konnte nicht die Emotionen wecken, die nach dem ersten Teil das völlig aufgelöste Publikum mit begeisterten Bravos und Jubelrufen von den Sitzen gerissen und zu zehnminütigen Ovationen bewegt hatte.
Sogar Tränen der Begeisterung waren zu sehen, als Romely Pfund den Stab senkte und den Weg für einen Applaus frei gab, wie er bislang wohl selten ihrem Orchester und den Gastsolisten zuteil geworden ist. Der Jazz hatte mit den drei begnadeten Solisten Markus Stockhausen (tp/picctp/flh), Arild Andersen (b), Patrice Heral (perc/voc) und zwei grandiosen Uraufführungen triumphalen Einzug ins Remscheider Teo Otto Theater gehalten und Ohren wie Herzen im Sturm erobert.
 
Der Einstieg mit Arild Andersens Auftragskomposition für die Bergischen Symphoniker – den drei Stücken „S. Now“, „Awakening“, „Signal“ für Sinfonieorchester und Jazztrio – war eine Demonstration musikalischer Ästhetik, wie sie insbesondere in der innovativen skandinavischen Jazz-Szene gepflegt wird. Lyrische, ja meditative Traummusik mit gedämpfter Trompete, seelenvoll gezupftem und sanft über Hall gestrichenem singendem Kontrabaß und weltmusikalisch phantasievoll, oft nur mit den Fingern gespieltem Schlagzeug ließ vor dem Streicherteppich und den Blechbläserkaskaden des Orchesters Zeit und Raum vergessen.
Völlig neu für Streicher und Jazz-Trio gesetzt erlebte im Anschluß Markus Stockhausens „Choral“ im Einklang mit „Sehnsucht“ für Orchester und Jazz-Trio seine mitreißende Uraufführung. Während das Orchester, teils unter dem Doppeldirigat Pfund/Stockhausen, mit fetzigen Posaunen-Riffs, Streicherdynamik und Drive Big-Band-Qualitäten zeigte, verursachten Flügelhornsoli, delikate Dialoge Percussion/Kontrabaß und ebensolche Solo-Passagen wohlige Schauer in Serie – ein aufregendes, wahnsinnig spannendes Hörerlebnis -  eine Aufführung, die nur in Superlativen gewürdigt werden kann.
 
Die Quartett-Fassung von „Choral“ (mit Terje Rypdal) gibt es übrigens auf der CD „Karta“, die Zugabe „Hyperborean“ auf der gleichnamigen CD (beide ECM).
 
Frank Becker, 20.3.02