Nach Schema F gestrickt - und doch spannend

„Die letzte Party deines Lebens“ von Dominik Hartl

von Renate Wagner

Die letzte Party deines Lebens
(Österreich 2017)

Regie: Dominik Hartl
Mit: Elisabeth Wabitsch, Antonia Moretti, Michael Ostrowski, Edita Malovcic u.a.
 
Der österreichische Regisseur Dominik Hartl (35) scheint sich auf dem Trip zu befinden, „Genres“ auszutesten. Ein Film mit Heranwachsenden („Beautiful Girl“, 2015), eine ironische Zombiegeschichte („Angriff der Lederhosenzombies“, 2016) und nun ein bißchen Teenie-Horror. Wobei es hier weniger um die Gänsehaut geht (das funktioniert nicht so berauschend), als wieder einmal vordringlich um die jungen Leute – und um ihr Verhalten. Üblicherweise werden sie für ihre Gemeinheiten untereinander (wie sie per Internet lustvoll verbreitet werden) allerdings nicht so mörderisch bestraft wie hier in „Die letzte Party deines Lebens“.
 
Wer selbst nicht mehr jung genug ist, um mit Tausenden anderen zur Maturafeier in irgendeinen Ferien-Hotspot geflogen zu sein, hat es sich erzählen lassen – die absolute Anarchie, nächtlicher Party-Wahnsinn, Strand, Sex, Komasaufen, und alles auf Handys gefilmt und möglichst ins Netz gestellt.
Hier ist eine Wiener Maturaklasse auf einer Insel in Kroatien, wo Michael Ostrowski einen routinierten, aber spürbar von dem ganzen Treiben angeödeten Veranstalter spielt, der auch noch als sein eigener Moderator bei den diversen Partys fungiert (und nur an das Geld denkt, das er hier verdienen kann). Kein Aufwand wurde gescheut, das kreischende, hüpfende, irrationale Partygeschehen abzufilmen – und die Hangovers am nächsten Morgen am Strand. Der Film produziert durch sehr viel Kunstlicht sehr viele künstlich wirkende, verfremdende Farben. Und je näher der Horror rück, umso intensiver wird auch die Musik in ihrer Funktion, Schauriges anzukündigen und Stimmung zu machen.
 
Wie immer in Filmen dieser Art gibt es viele junge Gesichter, und vor allem bei den „Burschen“, wie man einst sagte. Man muß sie erst auseinanderdividieren, wenn sie so mit ihren Bierbüchsen in der Hand herumhängen. Bei den Mädchen ist es leichter, weil Julia (Elisabeth Wabitsch), offensichtlich die Heldin, und ihre Freundin Jessica (Antonia Moretti) unübersehbar eine schwere Vertrauenskrise austragen – die eine hat der anderen nicht gesagt, daß sie zum Studium nach München geht, das ist in dem Alter durchaus noch eine Tragödie, wenn man es von jemand anderem erfährt.
Also hat der Regisseur das Milieu ausgepinselt, abgehoben vom Alltag, eine gewisse Unsicherheit und auch Unberechenbarkeit vermittelnd, und die Heldin etabliert. Die Nr. 2, Jessica, verschwindet. Niemand zerbricht sich darüber den Kopf, aber Julia hat ein schlechtes Gewissen, geht dann nach dem Streit in den offenbar nahe gelegenen Wald… und dann beginnt auch schon der Horror. Seltsame Lichter, seltsame Schatten, keine Jessica, war alles nur ein Traum? Aber nein, das nächste Horrorelement: Jessicas Gesicht auf Julias Handy – dick durchgekreuzt. So werden auch die künftigen Toten angekündigt…
Und während die immerwährende Matura-Fete weitergeht und alle weitermachen wie immer, gibt es erschreckende Filme am Handy mit (Freddy-Krüger-artig) Vermummten… und irgendwann haben wir eine Leiche. Eine andere. Eine zickige Blondine, die auf einem der riesigen Show-Gerüste stürzt und stirbt.
Durchaus nicht alle wollen danach heimfahren, es sind ja noch ein paar Party-Tage angesagt – der Regisseur (der nicht sein eigener Drehbuchautor ist) kümmert sich um soziales oder asoziales Verhalten der jungen Leute, wobei zu genauem Hinschauen in der Hektik natürlich nicht die Zeit ist. Schließlich muß sich der Horror verdichten.
 
Dann taucht, als kroatische Kommissarin, als zweites bekanntes Gesicht in diesem Film auf, Edita Malovcic (vermutlich, weil sie als Kroatin so echt ist). Aber nein, kein Krimi, keine Untersuchung, sondern nur der Ärger der Polizei darüber, daß es mit diesen Maturanten immer Ärger gibt, so oder so. Und der Tod kann ja auch ein Unfall gewesen sein, daß Denise (Valerie Huber) in den Tod gehetzt wurde, wissen ja nur wir.
„Ich weiß, was Du letzten Sommer gemacht hast“, wird bewußt zitiert, damit sich der Regisseur nicht nachsagen lassen muß, er versuche, eine vorhandene Filmsituation zu plagiieren. Aber im Grunde ist das Strickmuster dasselbe. Daß man es mit Schuld und Sühne zu tun hat, ist klar, die Frage ist nur, wer rächt wen. Der Verdacht wird nach und nach auf einen nach dem anderen gelenkt, wie das so üblich ist. Allgemeines Mißtrauen kriecht hoch, keiner weiß mehr, wem er vertrauen kann. Und es gibt weitere Leichen (da wird das Drehbuch schon sehr „Kintopp“).
Und als man es dann weiß, wer dahinter steckt, fragt man sich, wer wird (außer der Heldin selbstverständlich) überleben und wie schaurig geht es zu? Nun, sicher am schwächsten ist die Lösung, wie Julia sich dann befreit… aber man hat dem Film schon davor zu wenig geglaubt. Zu sehr nach Schema F gestrickt. Und dennoch nicht ganz banal, immerhin bemüht, immerhin interessiert an seinen jungen Protagonisten. Das richtige Feeling wird allemale vermittelt.
 
Ein Film für wen? Die jungen Leute im Kino, die Popcorn essen und froh sind, ihre Maturaparty überstanden zu haben? Die Älteren, die sich schon ein wenig wundern, wie leer und trivial man seine Tage zubringen kann? Aber daß in unserer Welt alles irgendwo über und per Smartphone geht … das trifft ja heutzutage schon auf einen Großteil der Bevölkerung zu.
 
Trailer   
 
Renate Wagner