Zu niederträchtig, um lustig zu sein

„Gringo“ von Nash Edgerton

von Renate Wagner

Gringo
(USA / 2018)

Regie: Nash Edgerton
Mit:
David Oyelowo, Charlize Theron, Joel Edgerton, Amanda Seyfried, Sharlto Copley u.a.
 
Es beginnt mit großem Gekreische: Er sei gekidnappt worden, schreit Harold – irgendwo in Mexiko – ins Telefon, man verlange fünf Millionen für ihn. Richard Rusk, sein Chef in Chicago, ist verwirrt, Elaine, dessen Freundin, bleibt sachlich, ist eher wütend: Fünf Millionen, was? Pesos? Dollar! schreit Harold. Es ist ihm offenbar überhaupt nicht klar, daß niemand irgendetwas für ihn bezahlen möchte…
Rückblende: Zwei Tage davor. Harold (David Oyelowo, der schon bessere Rollen hatte – Martin Luther King zum Beispiel) ist der Underdog für Rusk (Joel Edgerton) und seine Kumpanin Elaine (Charlize Theron). Die machen von Chicago aus mit ihrem „Pharma-Unternehmen“ offenbar das große Geld, er wird klein gehalten. Man erzählt ihm sogar ein Gleichnis: die einen essen Karotten, die anderen Bananen. Harold möge bei seinen Karotten bleiben… und nach Mexiko fahren.
Rusk und Elaine wollen ihr Rauschgift-Geschäft nämlich auf eine neue Basis stellen, demnächst werden sie Marihuana in Pillen auf den Markt bringen. Ob die Kunden in Mexiko das mögen oder nicht, ist ihnen egal… aber es gibt Leute, mit denen man sich nicht anlegt. Und die Kartell-Bosse (gnadenlos: Carlos Corona) werden sehr böse, wenn Gringos ihnen blöd kommen.
 
Was soll man zu diesem Film sagen, den Nash Edgerton, der Bruder des Hauptdarstellers, inszeniert hat und der dramaturgisch eine reine Katastrophe ist? Was kann man hier nur annähernd für möglich halten – oder soll es eine Parodie sein? Dafür ist das Geschehen allerdings viel zu brutal. Glaubt man wirklich, daß Harold, der merkt, wie man ihn verheizt, seine eigene Entführung inszeniert? Ausgeschlossen. Kann sich irgendein Mensch dermaßen wie eine Comic-Figur benehmen wie Charlize Theron es als Elaine tut – die skrupellose Verführerin (blond und Busen) aus dem Bilderbuch? (Sie spielt diese Kunstfiguren seltsamerweise gerne… und macht sich doch nur lächerlich.)
Wie witzig ist ein Söldner (Sharlto Copley), der für Geld mordet und das Geld in die Entwicklungshilfe steckt? Welche Funktion haben eigentlich die Gitarren-Verkäuferin Sunny (Amanda Seyfried), die Harold irgendwann umfährt, oder Harolds ungetreue Gattin (Thandie Newton) in dem Gefüge des Ganzen?
 
Die Handlung springt von einer Figur zur nächsten, vergißt die anderen, landet in einem Chaos aus Brutalität und Albernheit – und ist zu niederträchtig, um lustig zu sein. Glauben wir wirklich, daß der arme brave Harold, der unschuldige nigerianische Einwanderer, am Ende seinen Chef ins Gefängnis bringt, ihm eine Bananenschale dorthin schickt (haha, Rache!) – und sich in der Karibik vergnügt? Mann o Mann, so viel hat schon lange kein Film seinem Publikum zugemutet. Nicht einmal die leidenschaftlichsten Charlize Theron-Fans werden hier glücklich werden.
 
 
Renate Wagner