Mausi, Currywurst und Diaphragma

Aus dem Zettelkasten

von Erwin Grosche

Erwin Grosche - Foto © Frank Becker
Aus meinem Zettelkasten
 
Computer, Mausi und der: Seitdem ich einen Computer habe, habe ich endlich wieder die Probleme, die alle anderen auch haben. Ich fühlte mich früher richtig ausgeschlossen. Früher habe ich mich mal mit meiner Frau gestritten, nun haben wir dafür keine Zeit mehr. Früher bin ich mal durch die Kneipen gezogen und oft abgestürzt, daß überlasse ich nun alles meinem Computer. Einmal saß ich auf Toilette, da war kein Klopapier da – Da habe ich auch gedacht, ein Computer ist schon wichtig, aber Klopapier ist wichtiger. Einmal wollte ich meiner damaligen Freundin einen Entschuldigungsbrief schreiben. Ich hatte eine ihrer letzten Mails als Junk eingestuft, mein Computer übrigens nicht, da wußte ich schon, auf wessen Seite er stand. Ich schrieb also: „Liebe Mausi“ und da merkte ich, wie mein Computer das Wort „Mausi“ rot unterschlängelte, als würde er „Mausi“ nicht kennen. „Was“, sagte ich, „Du kennst Mausi nicht? Sie hat doch dich mir geschenkt?“ Und dann fragte noch sein Rechtschreibprogramm ob es „Mausi“ ignorieren soll. Da habe ich gesagt, das würde ich nicht riskieren und „Mausi“ ignorieren. Das haben schon andere probiert und nach denen kräht heute kein Hahn mehr. Dann habe ich „Mausi“ einfach in sein Rechtschreibprogramm eingegeben und seitdem kennt mein Computer ganz offiziell „Mausi“. Und als „Mausi“ und ich schon längst nicht mehr zusammen waren, da habe ich mal wieder nachgeschaut. Da kannte meine Computer noch immer „Mausi“. Da habe ich auch gedacht, ist nur ein dummer Computer, aber von dessen Treue kann man noch was lernen.
 
Currywurst, Broer: Es war der Fleischermeister Karl-Heinz Broer, der den staunenden Paderbornern die erste Currywurst offerierte. Unverändert wird sie noch heute schräg in einem Winkel von 58 Grad mit dem Messer geschnitten, was auch an das Jahr 1958 erinnern soll, indem die Domstädter zum ersten Mal die Wurst mit der unvergleichlichen Sauce genießen durften: „Was lockt in uns das Glück hervor/ das ist die Currywurst von BROER/ Man stellt sie sich mit Pommes vor/ das ist die Currywurst von BROER/ Groß ist sie wie ein Auspuffrohr/ das ist die Currywurst von BROER// So stell ich mir den Himmel vor/ da gibt’s die Currywurst von BROER/ Und wer sie liebt der hat Humor/ das ist die Currywurst von BROER/ Was schmeckt mir auch mit Trauerflor/ das ist die Currywurst von BROER// Und wer nun Hunger hat, tritt vor/ der kriegt die Currywurst von BROER“//
 
Diaphragma: Das Wort Diaphragma wird oft unterschätzt. Diaphragmen hätten es nicht nur von der Bedeutung her verdient, einen festen Platz in unserer Alltagssprache zu finden. Diaphragma ist ein Fremdwort, also ein Wort mit Migrationshintergrund. Es wäre doch schön, es neben deutschen Wörtern, wie „keusch“, „scheu“ und „prüde“ wirken zu lassen. Die Welt ist groß und schön, wenn wir unsere Türen gegenüber anderen Einflüssen öffnen. „Diaphragma“ klingt so positiv wie „Karaoke“ und kommt einem genauso leicht über die Lippen wie „Powerpoint Präsentation“. Warum wird das arme Wort nur in der Apotheke geflüstert oder im Dunkeln getuschelt? Man sagt es doch gerne und fühlt sich wohl dabei. Ich könnte mir vorstellen, daß seine Nutzung auch in anderen Zusammenhängen recht sinnvoll ist. „Diaphragma Berlin“ könnte eine erfolgreiche Fußballmannschaft sein, die bekannt ist für ihren unpassierbaren Abwehrriegel. Diaphragma kann eine Zwischenwand zwischen Badezimmer und Schlafraum sein. Der Diaphragma-Abend eine Einladung zu einem Treffen mit Glühwein und Krabbencocktail. Das Wort Diaphragma hat viel Charakter. Ein Diaphragma könnte auch ein Muttermal sein, in der Nähe der Achselhöhlen. Oder Sternenstaub, welcher sich beim Mondbaden auf einem Bauch gesammelt hat. „Nicht bewegen, du hast da ein Diaphragma. Ich mache es mal weg. Nicht erschrecken, ich puste.“ Der Himalaya ist das größte Gebirge der Erde. Der Diaphragma Gebirgszug ist seine Brücke zum Karakorum-Gebirge. Das Wort Diaphragma wird oft unterschätzt. Lassen wir es einfließen in unsere Gespräche, verhelfen wir dem Wort zu einem Platz in unserer Mitte. Wer häufig Diaphragma sagt, kann auch Authentizität aussprechen. Wer Diaphragma sagt, sollte dabei nicht allein sein.

© Erwin Grosche
 
Das „Weltlexikon“, das sich aus Erwin Grosches Zettelkasten speist, wird im Oktober im Bonifatius Verlag erscheinen.