Das gute Geschäft mit den Liedern böser Menschen

Ein Kommentar

von Ulli Tückmantel

Foto © Anna Schwartz
Kollegah und Farid Bang –

Das gute Geschäft mit den Liedern
böser Menschen
 
Von Ulli Tückmantel
 
Die Ceconomy AG (früher Teil der Metro) mit Sitz in Düsseldorf betreibt mehr als 1000 Märkte in Europa, ist in neun Ländern Marktführer und setzt pro Jahr nach eigenen Angaben 22,2 Milliarden Euro um. Sie ist die Mutter der MediaMarktSaturn Retail Group, die die gleichnamigen Ketten betreibt. Und natürlich ist es das hehre Ziel dieser feinen Aktiengesellschaft, „Mehrwert für die Konsumenten zu schaffen und zugleich Lösungen für die gesellschaftlichen Herausforderungen von morgen zu entwickeln“.
     Warum? Weil diese bedeutungslosen Marketing-Plattitüden im Stile der klassischsten aller Floskel-Erklärungen, „Moral, das ist, wenn man moralisch ist!“ (Georg Büchner, „Woyzeck“, gedruckt 1879), einfach sehr viel edler klingen als das schlichte Eingeständnis: „Wir machen uns auch mit Antisemitismus, Frauenverachtung, Rassismus und Homophobie die Kasse bis zum Rappeln voll, wenn uns keiner daran hindert.“
     Und das tut bislang keiner. Weder die staatsanwaltlichen Ermittlungen wegen des Verdachts auf Volksverhetzung gegen die Rapper Kollegah und Farid Bang und ihr unerträgliches Album „Jung, Brutal, Gutaussehend 3“, noch die breite gesellschaftliche Debatte nach dem Ende des Verkaufserfolg-Preises „Echo“ haben dazu geführt, dass MediaMarkt, Saturn, Onlinehändler Amazon oder sonst wer auf das äußerst profitable Geschäft mit den Liedern böser Menschen verzichteten: 14,99 Euro kostet die CD, die auch an Kinder verkauft wird. Eine Variante mit Merchandising-Kram für 49,99 Euro ist bereits vorbestellbar.
     Moralische Appelle – auch von Bundestagsabgeordneten – sind in dieser Sache bestenfalls wirkungslos, schlimmstenfalls wirken sie verkaufsfördernd. Auf die Idee, Eltern einmal daran zu erinnern, dass sie die Verantwortung dafür tragen, welche Medien sie ihren Kindern erlauben, kommt offenbar auch niemand.
     Da wäre es hilfreich, wenn Familienministerin Franziska Giffey (SPD) die Initiative ergriffe, um die ihr zugeordnete Bonner Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien ins Digitalzeitalter zu überführen. Dass die Indizierung einer CD, deren beide Vorgänger-Alben bereits seit Jahren auf dem Index stehen (!), mehrere Monate in Anspruch nimmt und überhaupt erst auf Antrag einer zum Antrag berechtigten Jugendbehörde erfolgen kann, ist im 21. Jahrhundert kein haltbarer Zustand.
 

Der Kommentar erschien am 5. Mai 2018 in der Westdeutschen Zeitung.
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors.