Afrikanische Migration nach Europa

Asfa-Wossen Asserate mit einem Vortrag in der Schützengesellschaft am Brill

von Johannes Vesper
Afrikanische Migration nach Europa
 
Asfa-Wossen Asserate in der Schützengesellschaft am Brill
 
Von Johannes Vesper
 
Sein Großonkel Kaiser Haile Selassie wurde von Revolutionären erstickt. Er studierte in Tübingen,  wurde promoviert und nahm die deutsche Staatsbürgerschaft an, wurde bekannt als Bestsellerautor („Manieren“, „Draußen nur Kännchen“, „Afrika“, „Der letzte Kaiser von Afrika“, „Die neue Völkerwanderung“ u.a.). Er erhielt Auszeichnungen für seine Bücher und wird geschätzt als politischer Analyst. Jetzt war Prinz Dr. Asfa-Wossen Asserate zu Gast in der Wuppertaler Schützengesellschaft am Brill von 1805 und sprach zur größten Herausforderung des 21. Jahrhunderts: die afrikanische Migration.
In Afrika, dem riesigen Kontinent, leben mehr als doppelt so viele Menschen wie in der Europäischen Union. Sie leben in Megastädten (Kairo 19 Millionen Einwohner, Lagos 13 Millionen, Kinshasa 11 Millionen usw.) sowie in ländlichen Siedlungen, die seit Urzeiten ihren Charakter nicht verändert haben. Laut Unicef sind ca. 500 Millionen der 1,1 Milliarden Afrikaner jünger als 25 Jahre. Man spricht auf dem Kontinent 2000 verschiedene Sprachen. Afrika werde beherrscht von Krisen, Kriegen, Krankheiten, Kapitalflucht trotz Wirtschaftswachstum (6% im laufenden Jahr), welches im Wesentlichen durch Rohstoffausbeutung (Gold, Platin Uran) zustande komme. Gewinne werden dabei erzielt mit Externalisierung, also unterbezahlter Arbeit und Schädigung der Natur. Vom Wirtschaftswachstum dieser Art profitiert die korrupte Finanzelite dieser Länder, aber nicht die Bevölkerung, deren explosionsartiges Wachstum jeden noch so bescheidenen volkswirtschaftlichen Erfolg auffrißt. Ob dagegen eine Steigerung des Kondomexportes helfen würde?
Kinder gelten in Afrika immer noch als Garantie für eine Altersversorgung, und nur in Botswana gebe es eine Rentenversicherung. Katastrophal wirke sich auch der unfaire Handel zwischen z.B. Europa und Afrika aus. Durch gewaltige Subventionen der industriellen Agrarproduktion – früher Landwirtschaft genannt - sei die EU in der Lage, Afrika mit billigen Agrarprodukten zu überschwemmen. Afrikanische Bauern können nicht mithalten, wenn billige Tomaten aus den Tomatenghettos Spaniens und Italiens, in denen afrikanische Migranten ausgebeutet werden, z.B. Ghana überfluten. Hilft ein Marshallplan für Afrika?
Deutschland gibt etwa 3 % des Bundeshaushaltes für Entwicklungshilfe aus. Hilft Entwicklungshilfe? Oder fördert sie nur die Korruption? Asfa-Wossen Asserate befürchtet schlimme Folgen des chinesischen Neokolonialismus und fordert ein Ende der desaströsen europäischen Handelspolitik mit guten wirtschaftlichen Beziehungen auf Augenhöhe. Er sieht Chancen für eine sozio-ökologische Transformation zur Nachhaltigkeit in der Frauenförderung. Gesundheit, Erziehung, auch Rückzahlung von Kleinkrediten seien bei Frauen deutlich besser aufgehoben als bei den Männern. Während Amerika und Europa über Einwanderungsgesetze grübeln, um die Intelligenz der Welt anzulocken, sei umgekehrt für Afrika der Exodus der Talente katastrophal: allein In Illinois, sagte der Prinz, arbeiten mehr äthiopische Ärzte als in Äthiopien.
Rhetorisch glänzend fesselte der Redner seine zahlreichen Zuhörer, die an diesem Abend zur Lösung der Probleme Afrikas nichts beitragen konnten, aber immerhin angeregt über die Grundlagen europäisch- imperialer Lebensweise mit ungestörtem Transfer von Arbeitskraft und kostbarer Natur aus dem Süden hin zum reichen Norden diskutierten. Am Büchertisch lagen Werke des Autors aus, der an diesem Abend gerne signierte.       


Asfa-Wossen Asserate, Xenia Gromatzki - Foto © Johannes Vesper