Ehrlich, viel war da nicht dran…

„Ocean´s 8“ – von Gary Ross

von Renate Wagner

Bildunterschrift
Ocean´s 8
(USA 2018)

Regie: Gary Ross
Mit: Sandra Bullock, Cate Blanchett, Anne Hathaway, Helena Bonham Carter, Rihanna, Sarah Paulson, Mindy Kaling, Awkwafina u.a.
 
Zu Beginn gleich einmal ganz ernsthaft gefragt: Gewinnen wir Frauen das Spiel, überwinden wir den „Gender Gap“, die Ungleichheit, die zwischen den Geschlechtern noch immer herrscht, wenn wir die Rollen einfach umdrehen? Wenn wir stolz sagen: Wir können genau so findige und knallharte Kriminelle sein wie die Männer? Das ist jedenfalls die Grundidee von „Oceans’s 8“: Diesmal sind es acht Frauen, die einen Juwelenraub durchziehen… mit der wunderbar-seltsamen Begründung: „Somewhere out there, there’s an 8-year-old girl dreaming of becoming a criminal. You’re doing this for her.“ Ja, den Gefallen muß man dem weiblichen Nachwuchs schon tun…
 
Eigentlich hätte Hollywood vorsichtig sein müssen: Denn das „weibliche Remake“ der „Ghostbusters“ ist bei Kritik und Kinokasse mehr als baden gegangen (und das mehr als zu Recht). Nun kann man allerdings nicht sagen, daß „Ocean’s 8“ ein Remake ist. Das „echte“ Original von 1960 war ein „Rat Pack“ Produkt mit Frank Sinatra, Dean Martin, Peter Lawford und Sammy Davis. Jr. Als Steven Sonderbergh 2001 davon sein „Ocean’s Eleven“-Remake (mit George Clooney, Brad Pitt, Matt Damon) drehte, war der Erfolg so groß, daß 2004 „Ocean’s Twelve“ und 2007 „Ocean’s Thirteen“ folgten. Wenn wir nun auf Nr. 8 zurückgehen, so ist das ein klassisches Spin-Off, eine Variation der „Wie rauben wir elegant die Reichen und Schönen aus“-Geschichte, und die acht Hauptdarstellerinnen brauchen kaum Männer – das andere Geschlecht kommt quasi nur ganz am Rand vor.
Sehen wir also gleich zu Beginn, wie Sandra Bullock als Debbie Ocean (die Schwester der George-Clooney-Figur, der nicht vorkommt) den Leuten, die über ihre Bewährung zu entscheiden haben, was vorlügt: Ernsthaft und bescheiden erklärt sie, daß sie (nach fünf Jahren, acht Monaten und zwölf Tagen im Gefängnis – wir erfahren das später akkurat und unter Zähneknirschen der Betroffenen) nichts anderes will, als künftig ein braves Leben zu führen und ordentliche Arbeit zu finden, wenn man sie entläßt. Es gelingt ihr, die Herrschaften zu überzeugen – den Kinobesucher natürlich nicht, und der behält recht.
Kaum ist sie wieder in der richtigen Welt, legt sich das bescheidene Frauchen eine sexy Frisur und einen überzeugend eleganten, selbstbewußten Hüftschwung zu und gibt Nachhilfestunden, wie man im Luxuskaufhaus mit vollen Tüten herauskommt, ohne zu bezahlen (es ist zu befürchten – dem kriminellen Nachwuchs ins Stammbuch -, daß das im Kino leichter geht als in Wirklichkeit). Sie zeigt auch, wie man sich unter fremdem Namen in ein Luxushotel einmietet – und sie kommt sofort zur Sache (kriminelle Energie liegt ihr im Blut). Es ist ein hinreißender Bullock-Einstand in diesen Film von Regisseur Gary Ross, und man bedauert nur, daß das Drehbuch ihr diese Primadonnen-Stellung nur noch selten einräumt.
Denn, wenn Debbie bei der alljährlichen Gala des Metropolitan Museums (berühmt-berüchtigt für den Aufwand an Roben und Schmuck) ein ganz besonderes Halsband – ein legendäres Stück von Cartier, locker 150 Millionen Dollar wert – stehlen will, braucht sie Hilfe. Auftritt Cate Blanchett als Lou, die zwar behauptet, „Ich mache so was nicht mehr“, aber dann doch mitmacht. Ohne daß man ihr die große Rolle zugestände, die ihr von ihrem Ruhm und ihren berühmten darstellerischen Fähigkeiten her zukäme.
 
Mit Helena Bonham Carter als Modeschöpferin Rose gibt es das stärkste komische Element des Films, sie ist herrlich schamlos, wie sie die originelle Zicke überdreht.
Wenn die Bullock den Ball an eine gleichwertige Darstellerin abgibt, so ist es Anne Hathaway als die überspannte Schauspielerin Daphne Kluger, die das Collier tragen wird – damit sind die darstellerischen Hauptkaliber beisammen.
Tammy, die blonde Sarah Paulson, die ihre kleinen Kinder zurückläßt, ist eine weitere Akquisition unter den Mitarbeiterinnen: Sie steht für die kriminelle Hausfrau, die man nicht unterschätzen sollte, denn sie weiß vieles über Hehlerei. Die anderen Damen sind gut und schön, aber doch vor allem Statements politischer Korrektheit: die phantastisch aussehende Rihanna als Hackerin zeigt, wie intelligent Farbige am Computer sind, Mindy Kaling (die nötige Juwelierin als Fachfrau) hat schon in manchem Film das „indische“ Element vertreten, Awkwafina (schräge Trickbetrügerin) bringt den asiatischen Touch (sie braucht dann auch nicht hübsch sein, gut aussehende Frauen gibt es genug).
Bei den Vorbereitungsarbeiten geht es darum, die Männer mit uralten, augenklimpernden Tricks und Verunsicherungs-Spielchen (das wollen die „neuen Frauen“ sein?) so weit hereinzulegen, daß man das Collier auch aus der Nähe betrachten kann. In der Folge bietet der Film weniger das „Wie“ als das „Was“ – die Met-Gala erfüllt (wie einst die Welt von „Sex and the City“) alle Wünsche der Durchschnittsfrau, dem glamourösen Ereignis näher zu kommen, als es unsere „Seitenblicke“ je können. Da stakst Sandra Bullock blond herbei und spricht Deutsch (aber so, daß nur ein Amerikaner sie für eine Deutsche halten kann), da watschelt Helena Bonham Carter in schauerlichem Blumenschmuck einher, da arbeitet Cate Blanchett vorsichtshalber beim Küchenpersonal, und da kann sich Anne Hathaway dramatisch an den Hals greifen, als sie aus dem Rest Room kommt, das Collier vermissen und in der Folge glaubhaft-dramatisch versichern, daß sie keine Ahnung hat, wie es abhanden gekommen sei…
 
Wenn sie alle zu Nancy Sinatras „Theses boots are made for walkling“, dem großen Feminismus-Song, erfolgreich die Met-Gala verlassen, ist die Sache gelaufen, Männer dürfen noch ein bißchen hysterisch sein, denn bei der Gala ist noch viel mehr Schmuck abhanden gekommen… aber am Ende, wenn die kriminellen Damen locker davon gekommen sind (und Sandra Bullock sich noch an einem fiesen Liebhaber gerächt hat), fragt man sich, wie spannend das Ganze wirklich war? Man hat sich fraglos an lustvoll ausgespielter weiblicher Schauspielkunst erfreut. Aber, ehrlich, viel war da nicht dran… (Und wirklich sensationell sind die Einspielergebnisse bis jetzt auch nicht.)
 
 
Renate Wagner