Sag‘s durch die Blume!
Wiener Blumenmalerei von Waldmüller bis Klimt 22. Juni bis 30. September 2018 Wien, Unteres Belvedere, Orangerie
Vom üppigen Blumenbouquet über die heimische Distel bis hin zu Klimts Sonnenblume: Innerhalb eines Jahrhunderts durchlief das Blumenbild eine enorme Entwicklung. Zentrum des Geschehens war Wien, wo die Blumenmalerei im 19. Jahrhundert eine unvergleichliche Vielfalt und Bedeutung erlangte.
Ihren ersten Höhepunkt hatte die Blumenmalerei in der Biedermeierzeit mit ihren prächtigen Blumenarrangements. Erneuten Aufschwung erlebte die Blumenmalerei am Ende des Jahrhunderts, insbesondere im Werk der Künstlerinnen Olga Wisinger-Florian und Marie Egner. Das Genre öffnete Frauen einen Weg in die Kunstwelt. Schließlich griffen in der Wiener Moderne auch Künstler wie Gustav Klimt und Egon Schiele florale Motive in ihrem Werk auf und kamen zu jeweils ganz eigenständigen Lösungen. An Blumenbildern – so die These der Ausstellung – lläßt sich weit mehr als nur Stilgeschichte ablesen. Sie erzählen vom gesellschaftlichen Wandel, von der Freude an exotischen Pflanzen und der heimischen Gebirgsflora, von der Pracht der Ringstraßenzeit und der Zerbrechlichkeit des Menschen. Die Ausstellung umfaßt Werke aus dem Zeitraum vom Ende des 18. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts und zeigt neben Gemälden auch Porzellane und Skulpturen. Ergänzt wird die Schau durch ausgewählte zeitgenössische Positionen.
Blumen mit Variationen
Von Renate Wagner
Blumen haben einen ungeheuren Vorteil: Sie sind schön. Sie haben einen Nachteil: Sie sind heikel. Denn man kann diese Schönheit gern zum Kitsch erklären. Eine Ausstellung, die sich „Sag’s durch die Blume“ nennt, ist nicht unproblematisch und vor allem nichts, was man von einer Direktorin wie Stella Rollig erwartet hätte. Allerdings bekommt man in der Orangerie des Belvedere einen interessanten Themenüberblick geboten, der den Möglichkeiten der „Blumen“ in der Malerei über zwei Jahrhunderte nachgeht.
Nicht nur Komtessen
Arthur Schnitzlers Komtesse Mizzi, die Titelheldin seiner einaktigen Komödie, pflegt ein Hobby, wie man es ihresgleichen huldvoll zugesteht. „Blumerln“ male sie halt, meinte ihr gräflicher Vater ein bißchen herablassend. Das ist unverfänglich, für Frauen erlaubt, läßt keine sozialen oder gar erotische Implikationen befürchten. Tatsächlich wurden „Stillleben“ im breitesten Wortsinn ebenso wie Landschaften, also Kunstwerke ohne Menschen, im allgemeinen als die unproblematischsten, harmlosesten Genres erachtet. Aber keinesfalls als die anspruchslosesten. Wenn die Wiener Ausstellung als Signalnamen Waldmüller und Klimt in den Titel nimmt, bedeutet das nicht, daß man das Thema nicht weiter zurück verfolgt. Und breiter aufstellt.
Von griechischen Vasen bis zur Jugendstil-Keramik
Eine griechische Vase, die Blumen quasi in Pünktchen darstellt, ist wohl das älteste Stück der Ausstellung, das neben dem absoluten Schwerpunkt Malerei auch das eine oder andere „kunstgewerbliche“ Stück bietet (vor allem bemalte Vasen, die blumenbemalten Service läßt man aus). Wenn Michael Powolny allerdings weiße Keramik-Putten mit Blumenkränzen schmückt, dann bricht das, was man unter Kunst versteht, ein und wandelt sich in Betulichkeits-Kitsch. Da war, was die Kaiserliche Porzellanmanufaktur davor an Blumenmotiven malen ließ, durchaus anspruchsvoller.
Durch die Jahrhunderte
Bis zum „Blumen-Bruegel“ geht die Ausstellung, die versucht hat, mit eigenen, mit kollegialen Wiener und Österreichischen Beständen auszukommen und wenig zu leihen, nicht zurück, wohl aber bis ins 18. Jahrhundert, wo Blumen ein Bestandteil der kunstvollen Stilleben waren, die besonders auf die Kunstfertigkeit des Malers (Spiegelungen im Wasser von Vasen z.B.) konzentriert waren. In einer Habsburgischen Welt, wo Kaiser (vor allem Franz Stephan von Lothringen und Kaiser Franz II./I.) besonders an der Natur und der Botanik interessiert waren, fand man fruchtbaren Boden für eine Kunstform, die sich auf Blumen konzentrierte.
Der kunstvolle Selbstzweck
Die Beispiele der Ausstellung zeigen, wie man mit „Blumen“ auf der Leinwand ideologisch umgehen konnte. Löste man sie von ihren Stengeln und Wurzeln, also aus der Natur ab, dann wurden sie zu „Kompositionen“ in Vasen, wo die Künstler mit unendlicher Variationsfülle Formen und Farben kombinieren konnten: Da reiht die Ausstellung ein Meisterwerk ans nächste (u.a. natürlich Waldmüller), da gibt es quasi künstlerische Wettstreite, der Natur das Orginellste, aber auch Kunstvollste abzuringen (wobei auch die Primel-Bescheidenheit ein Kunststück ist).
Ornament und Existenz
Die Großmeister des Fin de Siècle stehen am Ende (Kolo Moser hat Blumen mit Dekorelementen verbunden) – Klimt, der Blumen so meisterlich
Zu sehen sind Werke von u. a. Jan van Huysum, Rachel Ruysch, Josef Klieber, Joseph Nigg, Franz Xaver Petter, Ferdinand Georg Waldmüller, Eugène Delacroix, Pauline von Koudelka-Schmerling, Rosalia Amon, Anton Romako, Hans Makart, Olga Wisinger-Florian, Tina Blau, Carl Schuch, Marie Egner, Gustav Klimt, Koloman Moser, Michael Powolny, Egon Schiele, Gerhard Richter und Willem de Rooij.
Sag‘s durch die Blume! Wiener Blumenmalerei von Waldmüller bis Klimt Kurator: Rolf H. Johannsen
Österreichische Galerie Belvedere
Wissenschaftliche Anstalt öffentlichen Rechts Prinz Eugen-Straße 27 - 1030 Wien 22. Juni bis 30. September 2018 Weitere Informationen: www.belvedere.at/
Redaktion: Frank Becker
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