Ein Vergnügen, auf das man sich Jahr für Jahr freut

„Sauerkrautkoma“ von Ed Herzog

von Renate Wagner

Sauerkrautkoma
(Deutschland 2018)

Regie: Ed Herzog
Mit: Sebastian Bezzel, Simon Schwarz, Lisa Maria Potthoff, Enzi Fuchs, Eisi Gulp, Nora Waldstätten, Sigi Zimmerschied, Max Schmidt, Stephan Zinner, Daniel Christensen, Ulrike Beimpold, Thomas Kügel, Ferdinand Hofer, Gerhard Wittmann u.a.
 
Eigentlich kann einem der Franz Eberhofer fast leid tun. Da ist er als Polizist ein unverzichtbarer Bestandteil von Niederkaltenkirchen (das bayerische Dorf schlechthin, erfunden von Autorin Rita Falk und darum wirklicher als die Wirklichkeit), und dann freuen sich seine Vorgesetzten – der Bürgermeister (Thomas Kügel), der Dienststellenleiter (Sigi Zimmerschied) – offenbar diebisch darüber, daß er nach München versetzt wurde. München!
Und das ist nur ein Handlungsstrang in dem fünften „Eberhofer-Krimi“, die nun in schöner Regelmäßigkeit Jahr für Jahr auf der Leinwand erscheinen und eine feste Fangemeinde haben. Kein Wunder, so schlitzohrig, hinterfotzig und lebensecht, wie Ed Herzog diese Filme seit Jahr und Tag inszeniert.
 
Ja, die Ereignisse überborden diesmal. Also – München. Das gibt Nora Waldstätten Gelegenheit, als Kommissarin wiederzukehren, allerdings nicht in einer richtigen Rolle (wie im vorigen Film), sondern nur eine Episode, wo sie sich wieder durch besondere Boshaftigkeit auszeichnet. Aber viel in München ist der Eberhofer Franz ohnedies nicht, wo er bei seinem Freund Rudi (Simon Schwarz) in dessen schäbiger Bude einzieht und dieser beginnt sich aufzuführen wie ein besitzergreifender Teil des „Seltsamen Paars“…
Zuhause allerdings ist die Hölle los, denn dort wartet die Susi (Lisa Maria Potthoff) noch immer auf den Heiratsantrag vom Franz, und weil der vorläufig nicht kommt, will sie ihn mit dessen im schicken Auto zurückgekehrten alten Schulfreund eifersüchtig machen: Das ist Schönling Gedeon Burkhard, ja, genau der, der es (ebenso wie Alexander Pschill) nicht geschafft hat, Moretti bei Rex zu ersetzen und der nur noch selten in Film und Fernsehen aufscheint. Hier ist sein breites Lächeln gerade richtig.
Die Titel gebende Oma muß natürlich auch dabei sein, wenn Enzi Fuchs diesmal auch eher am Rande bleibt und es eigentlich Franz ist, der Rudi, weil er nicht bei diesem dauernd Raviolo aus der Büchse löffeln will, mit Sauerkraut (allerdings nach Omas Rezept) bekocht,– die Folgen kann man sich ausmalen: komatös… Sauerkraut bekommt auch die indonesische Familie von Leopold (Gerhard Wittmann), weil dieser Bruder von Franz ohne Gattin und Kind heimgekehrt ist: Sobald seine Frau Deutsch gelernt hat, haben ihr Geschlechtsgenossinnen Selbstbewußtsein beigebracht, und das ist nicht für jede Ehe gut. Da muß folglich ihre ganze Familie herbeireisen (mit zwei bildschönen Schwestern).
 
Also, mehr als genug an Aktion, wenn auch selbstverständlich noch Wirt (Max Schmidt) , Fleischhauer (Stephan Zinner) und Installateur (Daniel Christensen), das anteilnehmende Freundestrio, da sind, und Fleischhauer Junior (Ferdinand Hofer) einen ganz törichten Ersatzpolizisten für den Franz abgibt. Wenn es eine höhere Verbrechensrate braucht, damit der Franz in Niederkaltenkirchen bleibt, dann säbeln die doch glatt den Maibaum um…
Braucht es bei so viel Handlung überhaupt noch einen Krimi? Na schon. Also findet der schräge Papa vom Franz (Eisi Gulp, ein absolut unersetzliches Juwel der Besetzung) im Kofferraum seiner Uraltkiste, die ihm gestohlen wurde, eine Leiche. Sie stellt sich als AuPair des Bürgermeisters heraus. Dort herrscht eine Haushälterin (Ulrike Beimpold, uns Österreichern wohl bekannt) als strenge Herrin. Und nun muß der Franz den Mordfall lösen, den hyperaktiven Rudi immer auf den Fersen.
Es gelingt ihm natürlich. Und nebenbei müssen endlich bezüglich der Hochzeit Nägel mit Köpfen gemacht werden (samt sündteurem Ring und einer entsetzlich hochnäsigen Verkäuferin). Wenn man aber den Eberhofer kennt, dann weiß man, wie bindungsscheu er ist. Und wundert sich nicht, daß er zur Hochzeit nicht erscheint.
Danach hat die Autorin noch eine Menge unerwarteter Wendungen anzubieten (daß man die Filme gerne sieht, heißt ja nicht, daß man die Romane liest…). Da kann man nur hoffen, daß es künftig für den Eberhofer so unbeschwert weiter geht wie bisher.
Haben wir auf ihn vergessen? Ausgeschlossen. Für Sebastian Bezzel ist es zweifellos die Rolle seines Lebens. Ein gestandener, langsamer, sturer Bayer, der sich gerne blöd stellt und es so gar nicht ist. Vielmehr das Gustostück einer hochdifferenzierten und minimalistischen Darstellerleistung bietet. Ein Vergnügen, auf das man sich Jahr für Jahr freut.
 
 
Renate Wagner