Die „Mutter aller Männerausflüge“ mit kleinen Untiefen

„Drei Mann in einem Boot“ in einer Bühnenfassung von Stefan Hüfner

von Frank Becker

Leinen los! - v.l.: Vassilis Sachinidis, David Parke, Sebastian Freund - Foto © Martin Mazur

Die „Mutter aller Männerausflüge“ mit kleinenUntiefen
 
„Drei Mann in einem Boot“
in einer Bühnenfassung von Stefan Hüfner
 
Regie: Thomas Gimbel – Bühne: Jan Bauerdick, Benedikt Fiebig – Kostüme: Carmen Fett – Licht: Tina Hünninghaus
Besetzung (der Premiere): David Parke (Jerome) – Vassilis Sachinidis (George) – Sebastian Freund (Harry) – Nina Jestel (Mary) – Anja Bielefeld (Ann) – Livia Caruso (Mildred)
 
Mit seinem gleichermaßen intelligenten wie urkomischen Roman „Three Men in a Boat: To Say Nothing of the Dog“ schrieb der Engländer Jerome K. Jerome (1859-1927) im Jahr 1889 eine der populärsten humorvollen Erzählungen der Weltliteratur. Er wurde damit zum Vorreiter einer vom sogenannten „typischen britischen Humor“ geprägten Literaturgattung, die später von P.G. Wodehouse (1881-1975), Evelyn Waugh (1903-1966) und John Cleese (*1939) („Fawlty Towers“) kongenial fortgeführt wurde. Erstaunlich genug, daß Jerome K(lapka) Jerome von den meisten „seriösen“ Literaturlexika vornehm ignoriert wird. Die Popularität seines berühmten Romans blieb von solcher Ignoranz allerdings unberührt.
 
Die Story: Die drei Freunde Jerome, Harris und George beschließen, samt Hund Montmorency eine Bootstour auf der Themse zu unternehmen, um für einige Tage ihrem Alltag zu entfliehen. Zwei Wochen soll die Fahrt stromaufwärts zwischen Kingston und Oxford dauern. Wie abzusehen, wird diese Bootsfahrt der drei Gentlemen, deren nautische und Überlebenskenntnisse über das Marginale nicht hinausgehen, zu einem recht abenteuerlichen, von lustigen Pannen und kleinen Katastrophen begleiteten Abenteuer, im Buch gespickt mit witzigen Erzählungen, historischen Abschweifungen, kuriosen Begegnungen und herrlichen Stimmungsbildern.
Mehrfach verfilmt – herausragend die Fassung von Stephen Frears (1975) mit Tim Curry, Michael Palin und Stephen Moore in den Titelrollen – wurde der Stoff so auch Nicht-Lesern nahegebracht und sogar ein Kino-Hit. In Deutschland erfreut sich die freie Adaption von Helmut Weiss mit Heinz Erhardt, Hans-Joachim Kulenkampff und Walter Giller (1961) bis heute großer Beliebtheit.


Singin´ in the rain - v.l.: David Parke, Livia Caruso, Vassilis Sachinidis, Anja Bielefeld, Sebastian Freund, Nina Jestel
Foto © Martin Mazur

Diese Bootsfahrt auf die Bühne zu bringen, zumal auf eine so winzige wie die im Wuppertaler TiC-Theater, erscheint als Wagnis – und erweist sich letztlich auch als ein solches. Stefan Hüfner hat sehr frei aus einigen wichtigen Text-Passagen des Originals, Versatzstücken des Weiss´schen Films und eigenen Handlungssträngen eine Bühnenfassung geschrieben, welche  die zwölftägige Reise auf zwei Stunden eindampft. Der Hund fiel wie das Banjo dem Strich zum Opfer, das Personal wurde hingegen um drei Damen erweitert und pikante Liebeswirren einbaut. Zu sechst auf einem für drei zu engen Boot, das von Jan Bauerdick und Benedikt Fiebig bewundernswert auf die schuhschachtelgroße Bühne gebaut wurde, das führt zu akrobatischen Einlagen und verlangt dem Zuschauer viel Phantasie ab. Sehr bald wurde klar: Das wird schwierig.
Thomas Gimbel, schon mehrfach Gast am TiC, hat die Regie übernommen und das räumliche wie seelische Gedränge respektabel, wenn auch ohne Pep abgeliefert. Auch unsere drei Helden Jerome (David Parke), George (Vassilis Sachinidis) und Harris, der hier Harry heißt (Sebastian Freund) bewältigen wie ihre Damen Mary (Nina Jestel), Ann (Anja Bielefeld) und Mildred (Livia Caruso) ihre Aufgaben mit einigem Anstand, vor allem, was die textreichen Binnenerzählungen (u.a. das Labyrinth-Abenteuer, die Käse-Story, die Forelle in Maidenhead oder die Gräber-Geschichte) angeht. David Parke und Sebastian Freund bei den Herren und Nina Jestel bei den Damen hatten daran den stärksten Anteil. Ein Kompliment der Kostümbildnerin Carmen Fett, die für ein Feuerwerk schicker Klamotten an Nina Jestel sorgte – ein auch optisch wirklich schöner Einfall.
Seit langem aber war es das erste Mal, daß man im ambitionierten TiC trotzt professioneller Regie und einem eigentlich geschickt bearbeiteten Buch spürbar ein zum Teil ein wenig zäh wirkendes Laien-Theater sah.
 
Weitere Informationen: www.tic-theater.de