Fahrverbote: Regieren oder zurücktreten - sofort

Ein Kommentar

von Ulli Tückmantel

Foto © Anna Schwartz
Fahrverbote:
Regieren oder zurücktreten - sofort
 
Ein Kommentar von Ulli Tückmantel
 
Wer den Verkauf und die Zulassung von Autos zum Straßenverkehr erlaubt, deren Benutzung im Straßenverkehr anschließend verboten wird, hat nicht die Hersteller zu beschimpfen, sondern seinen Job zu machen.
Die große Koalition aus CDU, SPD und CSU verfügt im Bundestag über 399 von 709 Stimmen. Damit ließe sich das Land eigentlich recht mühelos regieren. Wer das nicht will oder kann, sollte einfach zurücktreten – und zwar nicht bloß vom Vorsitz des eigenen Wahlvereins, sondern von der Regierungsverantwortung; die Entlassungspapiere kann man sich beim Bundespräsidenten holen.
Wer sowohl die Gesetze wie auch das Zulassen von Gesetzesverstößen verantwortet, die im Ergebnis jedes Verwaltungsgericht regelrecht zwingen, ab dem kommenden Jahr Fahrverbote in Stuttgart (wahrscheinlich Januar), Frankfurt (Februar), Köln, Bonn (beide April) Berlin (Juni), Mainz (September) und in Essen sogar auf einer Bundesautobahn zu verhängen, hat nicht die Gerichte zu beschimpfen, sondern seinen Job zu erledigen.
Wer das nicht will oder es schlicht nicht kann: siehe oben.

Nur, um es kurz festzuhalten: Die Politik verantwortet Fahrverbote, bei denen es vor allem um Grenzwerte, im Ergebnis aber nicht um Gesundheit geht. Sie verantwortet das daraus resultierende Verkehrschaos mit allen gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen. Sie verantwortet im übrigen auch, daß die Einhaltung dieser Fahrverbote überhaupt nicht zu kontrollieren ist (ohne blaue Plakette müsste bei jedem Auto der Fahrzeugschein geprüft werden). Und sie verantwortet ganz nebenbei ebenfalls, dass ein Abmahnverein mit weniger als 300 Mitgliedern, aber 100 Festangestellten als gemeinnützig anerkannt und als klageberechtigt eingestuft ist. Ausschließlich sie ist dafür verantwortlich, daß gegenwärtig buchstäblich kein einziger Autoverkäufer sich auf eine Zulassung seines Fahrzeugs verlassen kann. Sie verantwortet damit den Verlust von Rechtssicherheit und die Gefährdung des Rechtsfriedens.
Wenn man ein Land vor die Wand fahren will, wenn man nach einem Weg sucht, die Leute in die Europa-Verdrossenheit zu treiben, wenn man für Extremisten und Schreihälse werben will – dann muß man es genau so machen. Was die Politik sich hier leistet, ist die offene Demonstration von Staatsversagen. Und es ist ja keineswegs die erste Demonstration dieser Art, seit diese große Koalition mit ihrer permanenten Selbstbeschäftigung herumdilettiert.
Diese große Koalition ist ein Risiko für die Wirtschaftskraft, den Wohlstand und die Gesundheit unseres Landes. Sehr zu Recht fürchtet sie sich vor Neuwahlen. Als Wählerinnen und Wähler sollten wir inzwischen fürchten, daß sie weitermacht.
 
 
Der Kommentar erschien am 17. Oktober 2018 in der Westdeutschen Zeitung.
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors.