Träumereien

Christoph Busse Quartet – „The Velvet Gentlemen/Satie“

von Frank Becker

Träumereien
 
Christoph Busse spielt Satie
 
Christoph Busse ist nicht der erste Jazzer, der Erik Satie, seine Gymnopédies, Gnossiennes und Nocturnes entdeckt hat und empfindsam interpretiert, schließlich war Satie (1866-1925) ein Erneuerer, ein eleganter Gratwanderer zwischen der überlieferten Klassik und dem aufkommenden Jazz. Aki Takase hat es schon 1984 mit den schwierigeren Stücken getan, Jacques Loussier 1998 mal nicht dynamisch swingend, sondern der Idee Saties folgend transzendent poetisch, und Tamar Halperins völlig neue Ansätze, Satie zu verstehen, sind ein gekonnter Seiltanz zwischen der sogenannten Klassik und dem Jazz.
 
Nun also hat Christoph Busse mit einem neu formierten Quartett Eric Satie ein Album gewidmet und nennt es programmatisch wie augenzwinkernde im Untertitel „The Velvet Gentlemen“. Er spielt damit auf Saties Kleiderschrank an, in dem sieben identische Samtanzüge hingen, die Satie trug, wenn er im Pariser Nachtclub zum Broterwerb in die Tasten griff – das Schicksal manchen musikalischen Genies. Doch samten ist auch das inspirierte Spiel des Quartetts.
Busse und seine Bandkollegen Omar Rodriguez Calvo (Kontrabass, u. a. Tingvall-Trio), Grammy-Gewinner Nene Vasquez (Percussion, u.a. Gaby Schenke Quintett) und Ray Kaczynski (Schlagzeug) haben, das ist hör- und spürbar, Eric Saties Musik tief in sich aufgenommen. Wolkenleicht gehen sie mit Gnossiene, Sarabande, Gymnopédie, Entracte und den anderen um, machen die Träumereien, die Satie aufs Notenblatt gehaucht hat, in ihrer Magie zu ihren eigenen, werden seine Brüder – und nehmen den verzauberten Hörer mit auf die himmelblaue Reise.
 
Perkussiv steigen sie mit der Ideal-Paarung Ray Kaczynski (dr) / Nene Vasques (perc) und der Gnossienne Nr. 2 in die außergewöhnlich schöne von Christoph Busse arrangierte Satie-Hommage ein. Wer nun glaubt, ein Tango müsse um jeden Preis Feuer haben, darf sich im folgenden „Le Tango“ eines sanften Besseren belehren lassen, in dem Omar Rodriguez Calvo ein erstes hinreißendes Solo am Kontrabaß zelebriert, ähnlich dem späteren in der Sarabande Nr. 1. Mit Spannung erwartet man natürlich Saties „Superhit“, die Gymnopédie Nr. 1, der Busses Arrangement dankenswerterweise fast die doppelte Länge schenkt – und damit dem Hörer die doppelte Freude. Ein Glanzlicht, das im zweiten Teil swingende Fahrt aufnimmt. Mit den eher seltener zu hörenden Stücken Crépuscule matinal (Heures séculaires et instantanées) und D'Edriopthalma (Embryons desséchés) schließt dieses Satie-Erlebnis erst flott, dann in perfekter Harmonie.

Ein Album, das Satie-Freunden, Jazzkennern und vermutlich auch Eric Satie auf seiner Wolke gefällt. Uns auch, deshalb unsere Empfehlung und unser Prädikat, den Musenkuß.
 
Christoph Busse Quartet – „The Velvet Gentlemen/Satie“
Christoph Busse (p) – Omar Rodriguez Calvo (b) – Ray Kaczynski (dr) – Nene Vasques (perc)
© 2018 Laika Records
 
Titel:
1. Gnossienne Nr. 2 - 2. Le tango - 3. Sarabande Nr. 2 - 4. Entracte - 5. Gymnopédie Nr. 1 - 6. Sarabande Nr. 1 - 7. Crépuscule matinal (Heures séculaires et instantanées) - 8. D'Edriopthalma (Embryons desséchés)
Gesamtzeit: 39:48
 
Weitere Informationen:  www.laika-records.com  -  www.cbusse.de