Immer ein Rebell

Wolfgang Böck – „Habt’s mich gern“

von Renate Wagner

Immer ein Rebell
 
Wenn jemand in Wien „Habt’s mich gern“ sagt, klingt das nicht eben freundlich, und wenn man sich das aus dem Mund von Wolfgang Böck vorstellt… da ist es wichtig, daß er gleich zu Beginn seiner Lebensgeschichte festhält: Er meint es positiv. Schließlich leben Schauspieler davon, daß man sie gern hat. Na, und wie man weiß, funktioniert das zwischen Böck und seinem Publikum. Und davon, daß er „nach 40 intensiven Berufsjahren“ nun, mit ohnedies erst Mitte 60, ans Aufhören denkt… davon wollen seine Fans nichts hören.
Erfahren können sie in dem Buch, das Christoph Frühwirth aufgezeichnet hat, teilweise auch in dialogischer Form abgehandelt, wie’s in diesem Wolfgang Böck ausschaut, der für seine kraftvolle Fernsehpräsenz ebenso berühmt ist wie für seine Gewohnheit, auf seiner „Maschin’“ durchs Burgenland zu brettern.
 
Apropos Fernsehpräsenz: Ungeachtet dessen, wie viel und wie erfolgreich er Theater gespielt hat, für den Großteil des Publikums ist er immer noch „der Trautmann“, also steht die Erinnerung an diese Rolle, die er zwischen 1996 und 2010 verkörpert hat, erst im „Kaisermühlen-Blues“, dann in den „Trautmann“-Folgen, am Beginn des Buchs. Mit großer Dankbarkeit für Autor Ernst Hinterberger, für Regisseur Harald Sicheritz, für Kollegin Marianne Mendt – und eine Fernsehwelt, in der man sich weitgehend noch wohl fühlen konnte.
Dann erst geht’s zurück an die Anfänge: Geboren am 14. Januar 1953 in Linz, Sohn aus einem liberalen Elternhaus, der Vater bei der VÖEST, eine Welt, in der es noch Werte gab, die er in der heutigen Egomanie-Selfie-Gesellschaft vermißt. Immerhin war Böck selbst immer ein Rebell, Kunststück, daß der Held seiner Jugend Huckleberry Finn hieß.
Interessant, was ihn fürs Theater „entzündete“ – nämlich, als er 18jährig im Linzer Landestheater „Change“ von Wolfgang Bauer sah. Ein Stück, das die Sprache der damaligen Jugend sprach. Ein Kostümstück, sagt er heute, hätte bei ihm sicher nichts ausgelöst. „Change“ setzte ihn auf die Spur seines Lebensweges. Der Vater – heute tot, immer noch Vorbild – reagierte gelassen. Wolfgang Böck konnte in sein Schicksal ziehen.
 
Es war ein echtes Hin und Her, von dem man erfährt: Schauspielstudium in Graz (auf einem Foto aus den siebziger Jahren mit Bart ist er so gut wie nicht zu erkennen), Anfänge in Bregenz bei Intendant Bruno Felix, drei erfahrungsreiche Jahre im „Ländle“ (denn das Theater für Vorarlberg gastierte in so gut wie jeder Stadt dort), heim nach Linz, dann das Volkstheater in Wien. Ganz wichtig: Das Mitbegründen des Waldviertler (genauer: Wald4tler) Hoftheaters. Das hat ihn wohl auch seinen möglichen Einstieg ins Burgtheater gekostet. Denn Achim Benning konnte nicht begreifen, daß diesem jungen Schauspieler ein Versprechen, das er den Kollegen in Pürbach gegeben hatte, wichtiger war als alles stehen und liegen zu lassen und ins Burgtheater zu rennen…
So richtig heimisch ist Böck, für den ja dann der „Trautmann“ und viel Fernsehen kam, an keinem Theater mehr geworden, obwohl er an der Josefstadt, in Zürich, Berlin, bei den Salzburger Festspielen und anderswo gastiert hat. Mit Adi Hirschal Strizzi-Lieder aus der Wiener Vorstadt zu singen, bedeutete eine neue Art von Freiheit.
„Seßhaft“ wurde er dann mit Familie ab 2004, als die Intendanz der Schloßspiele Kobersdorf im tiefen Burgenland ihn lockte, denn hier konnte er die Summe seiner bisherigen Erfahrungen einbringen. Derzeit läuft sein Vertrag bis 2021, vermutlich wird Böck, der höchst erfolgreich agiert, sich zu einer Verlängerung überreden lassen. Der Reiz, jedes Jahr etwas Neues auf die Beine zu stellen, kann schließlich süchtig machen. Und seither ist der Linzer ja auch im Burgenland daheim.
 
Wolfgang Böck – „Habt’s mich gern“
On the Road. Mein Leben
Aufgezeichnet von Christoph Frühwirth
2018 Amalthea Verlag, 240 Seiten, gebunden – ISBN:  9783990501177
25,-
Weitere Informationen: https://amalthea.at