Büro, Büro

Martin Suter – „Cheers“ - Feiern mit der Business Class

von Frank Becker

Büro, Büro
 
66 Kolumnen aus dem Löwenkäfig des Managements
 
Das glatte Parkett der feuchtfröhlichen Events ist ein weites Feld: Ob Firmenfeier, Business Lunch, Weihnachtsessen, Silvestereinladung beim Chef, der heiße Flirt mit der neuen Sekretärin oder der Absacker unter Kollegen - der Manager genießt nie ganz unbeschwert. Denn die Karriere kennt keine Auszeit. Nicht etwa der Herzinfarkt oder der Alkohol sind daher der größte Feind, sondern die eigene Spezies. (Klappentext)
 
Martin Suter kennt ganz fraglos das Leben, zumal das in den mittleren und etwas gehobeneren Chefetagen, zumindest hat er es mit wachem Blick und tiefem, sardonischem Vergnügen aufs Genaueste studiert. Die 66 Kolumnen seiner neuen Sammlung „Cheers“, soeben im Diogenes Verlag der Erstausgabe von 2016 folgend als Taschenbuch erschienen, lassen in ihrer feinen Beobachtung keinen Zweifel daran aufkommen. Zum Teil bisher unveröffentlicht, zum Teil zuvor in der Zürcher Weltwoche abgedruckt oder in diversen Anthologien, öffnen Sie dem Leser mit Süffisanz und Ironie ein Fenster zu einer Bürowelt, die sich von Flensburg bis München, von Berlin bis Madrid und von Brüssel bis Wien kaum von den anderen unterscheidet. Karriere-Intrigen, Liebeshändel, der leise Krieg zwischen Sekretärinnen, Geliebten und Ehefrauen, die Stille Post der Gerüchte (natürlich immer boshaft und mißgünstig), das süffisante Ausmanövrieren von Geschäftspartnern, Kollegen und Personal, das beinahe geheimdienstliche Taktieren beim Kampf ums Überleben geschehen im täglichen Büro-Leben genau so.

Was Fritz Eckenga in den Hotelbargesprächen auf Vertreterebene mit seinen dem Leben abgeschauten Handelsreisenden Stromeyer und Hambacher beleuchtet („Nehmwernocheinen? Jasicher!“), hebt Martin Suter höchst originell, bitterböse und gleichzeitig urkomisch ins Management. Die kurzen, knackigen Texte, nie mehr als zweieinhalb Buchseiten, die verlegenen wie verlogenen Dialoge enden stets in einer glänzenden Pointe, meist so genial gesetzt, daß sie dem öffentlichen Leser – womit ich mich meine, der in Restaurants, Wartehäuschen und Bussen liest – regelmäßig ein nicht einzudämmendes Lachen schenken. Das schafft er sogar in seinen intelligenten Mehrteilern, die Text für Text bei aller enthaltenen Dramatik so witzig sind, daß man sie wie das ganze Buch geradzu als Medizin verstehen kann. Auch die hinreißende Wahl der Namen für seine dramatis personae zeichnet Suter als feinsinnigen Beobachter aus. Gelegentlich erinnern die wiedererkennbaren Situationen, die natürlich Stereotype eines jeden Bürolebens sind, an die grandiose Fernsehserie „Büro, Büro“ von Reinhard Schwabenitzky und Hermann Ebeling, die in den 80er Jahren Furore machte.
Martin Suters „Cheers“ gehört zum Köstlichsten, was ich in jüngerer Zeit gelesen habe und verdient mit vollem Recht unsere Empfehlung und Auszeichnung, den Musenkuß.
 
Martin Suter – „Cheers“ -  Feiern mit der Business Class
© 2018 Diogenes Verlag, 220 Seiten, Broschur  -  ISBN-13: 9783257244045
10,- €
Weitere Informationen:  www.diogenes.ch