Warum das Ruhrgebiet eine Heimat ist

Ruhrgebietchen - Was deine Kinder an dir lieben und was nicht

von Frank Becker/Red.

Umschlag-Illustration: Susi Lilienfeldt
Ruhrgebietchen

Was deine Kinder an dir lieben und was nicht

Der Verlag Henselowsky Boschmann in Bottrop, der Stadt, in der das Zeitalter des Kohle-Bergbaus jüngst feierlich zu Grabe getragen wurde, ist wohl einer der rührigsten in Sachen Regionalgeschichte und -literatur. Spezialisiert auf die Welt und das Leben der Ruhris, hält Henselowsky Boschmann ein beachtliches Œuvre von Büchern vor, die der einzigartigen Region Reverenz erweisen. In seiner jüngsten Anthologie „Ruhrgebietchen“ läßt der Verlag 36 Autoren und Autorinnen mit Liebeserklärungen und Schelte, mit Erinnerungen und Kritik zu Worte kommen. Sie alle dürfen das, denn sie alle sind vonne Ruhr. Lassen wir sie selbst zu Wort kommen.

Wir 36 kennen unser Ruhrgebietchen! Wir dürfen ihm auf die Schulter klopfen und so richtig die Meinung geigen; wir können treffliche Geschichten von gestern, heute und morgen erzählen über das, was an ihm liebenswert ist und was nicht. Wir sind seine geborenen Kritiker. Dieses Buch ist ein Vergnügen für alle Kinder des Ruhrgebietchens. Aber keins für professionelle Nörgler und Immerkluge, die glauben, urteilen zu dürfen, ohne zu kennen.
(Aber eins für Fremde, dem Charakter des Ruhrgebiets und seiner Bewohner, eingeboren oder eingewandert, ein wenig näher zu kommen, Anm. d. Red.)
 
Wir 36: schimpfen auf Genossen, Gier und Geltungssucht; jubilieren über unsere Theaterlandschaft; sezieren die Innereien von Gladbeck, Duisburg und Bottrop; dichten Hymnen auf Werne und Witten; tauschen Erfahrungen über den Ruhrpott-Humor in Rheinland-Pfalz aus; träumen schlecht von Begegnungen an der Bude; beleuchten Zusammentreffen mit echten Ruhrtüppen wie dem Ex-Kritiker Predigkeit, Alfred, Urgestein von Zollverein, und Oppa Dieter, der seinen Enkel vom Studium in Düsseldorf abhalten will; dampfen ab zum Thema Lit.Ruhr; bekennen, dass die Ruhr-Universität uns – so oder so – geprägt hat; phantasieren, wie Tegtmeier, Helmut Rahn und Bodo Hombach das Ruhrgebietchen wohl beurteilen würden; entpuppen einen Taubenvatta  und Diebe im Dortmunder U-Turm; kriegen bei bestimmten Szenen aus der Kulturhauptstadt das Kötzerchen; schwärmen vom großen Dorf und lästern über die sogenannte Metropole; bezeugen, dass Zechgelage unserer Altvorderen manchmal nicht romantisch endeten und dass es heiße Sommer rund um Aplerbeck gab; beäugen die Wurst- und Schinkenzone in Sterkrade sowie Karpfen mit Glubschaugen in der Lippe; wünschen eine radikale Vereinigung von Künstlern herbei; machen uns selbst zum schulischen Aufsatzthema; werfen lange Schatten auf den BVB und viel Sonne auf Fortuna Unglück; lassen Gott verkünden, wann Schalke Meister wird; fragen nach, ob Oberhausens goldener Boden hochgestapelt ist; besuchen den geheimnisvollen Singenden Berg; enthüllen endlich den Trinkhallenkomplott; zitieren Hans Tilkowski: „Wenn wir Ruhrgebietler mit ein Meter fünfzig Größe durch eine zwei Meter hohe Tür gehen, ziehen wir noch den Kopp ein.“

Die 36 und ihre Beiträge zu dieser köstlichen, bunten, nostalgischen, ehrlichen Anthologie sind (bitte folgen Sie auch den Links unter den Namen):
Anke Klapsing-Reich, Kohlenstaub mit Gold gepudert *)
Ulrike Geffert, Der Aufsatz *)
René Schiering, Gladbeck – Autobiographie einer Haßliebe
Gerd Puls, Hammer und Schlegel, Spaten und Axt [www.gerd-puls.de] *)
Ullrich Spiegelberg, Boch eh / Ullrich Spiegelberg, fortuna unglück / Ullrich Spiegelberg, Bude verzaubert (www.gelsenkirchener-geschichten.de/viewtopic.php?p=36517).
Susi Lilienfeldt, Sammlung in Bewegung [www.lilienfeldt-design.de]
Thomas Rother, Alfred – ein Urgestein, das aus der Kälte kam [www.zollverein.de/erleben/kunst/kunstschacht/]
Ilse Straeter, Kunst am Radweg / Ilse Straeter, geliebt – ungeliebt [www.straeter-kunst.de]
Philip Stratmann, RUHR[HOCH]Stapler
Udo Feist, Familie, Tempel, Liebe – Dortmund. Ein Tiefflug
Einhard Schmidt-Kallert, 1968 im Ruhrgebiet *)
Karr & Wehner, Jetzt sach mal! [www.karr-wehner.de] *)
Sigi Domke, An den Rändern ausgefranst
Gerd Herholz, „Wo das geht, geht alles“ – Ein Versuch über Duisburg *)
Hubertus A. Janssen, Rotterdam – Duisburg / Hubertus A. Janssen, Lit.Alaaf – vom Rhein zur Ruhr / Hubertus A. Janssen, Revierkoniferen
Ulrich Straeter, In jenem ach so heißen Sommer [www.straeter-kunst.de]
Sabine Herrmann, Hymnisches Werne
Pia Lüddecke, Der Taubenvatta [www.pialueddecke.de]
Michael Hüter, Hier tobt das pralle Leben [www.hueter-karikatur.de]
Klaus Gruhn, „Theater anne Ruhr“? Wie ich das Theater im Ruhrgebiet kennen- und lieben lernte *)
Joachim Wittkowski, Hui! und Pfui! der Theaterlandschaft Ruhrgebiet *)
Klaus D. Krause, Ein Fisch namens Bruno
Zepp Oberpichler, Schon in Arbeit / Zepp Oberpichler, Krisse nich raus [www.oberpichler.de] *)
Margret Martin, Die Bude
Monika Littau, All’s Well! [www.monika-littau.de] *)
Werner Boschmann, Onkel Alwis erklärt Bottroper Verhältnisse
Herr Luca, Kuttenkarl meets Fußballgott
Benjamin Bäder, Das Krisengespräch [www.benjaminbaeder.de]
Sabine Sellmann, Das Leben ist keine Schnellraterunde
Heinz Georg Schmenk, Meine Jugendzeit in Sterkrade und anderswo *)
Stefan Sprang, HOWL. Ruhrland-Version 2018 (nach Alan Ginsberg 1955)
Sarah Meyer-Dietrich, Bekennerschreiben einer fiktiven Vereinigung von radikalen Künstlern im Ruhrgebiet [www.sarahmeyerdietrich.de]
Annika Schuppelius, Trinkhallenkomplott, Ruhrpottcharme und Geschwistergeschichten

*) Vom Rezensenten besonders empfohlen.

Ruhrgebietchen - Was deine Kinder an dir lieben und was nicht
© 2018 Verlag Henselowsky Boschmann, 224 Seiten, gebunden, Lesebändchen
ISBN 978-3-942094-80-1
9,90 Euro
Weitere Informationen:  www.vonneruhr.de