Die Verwirrungen des jungen Sam

„Under the Silver Lake“ von David Robert Mitchell

von Renate Wagner

Under the Silver Lake
(USA 2018)

Regie: David Robert Mitchell
Mit: Andrew Garfield, Riley Keough, Topher Grace u.a.
 
Es ist ja nicht so, daß dergleichen noch nicht da gewesen wäre. Ein bißchen ein alter Schmäh, den Regisseur David Robert Mitchell da zusammengekocht hat. Sex and Crime in L.A., die Reichen von Hollywood, viel Esoterik – und ein ganz offensichtlicher Drogen-Cocktail darüber geschüttet. Das hat den alten Vorteil, daß nichts stimmen muß, denn wenn man alles in bekifftem Zustand erlebt, geht die Irrealität immer als Sieger hervor. So geschieht es in „Under the Silver Lake“.
Zuerst lernen wir Sam in seinem normalen Nichtstun kennen. Der Anfangs-Dreißiger, der gelangweilt die Anrufe seiner überströmenden, aber fernen Mutter entgegen nimmt, hockt in L.A. in seiner Wohnung, deren Miete er nicht mehr bezahlen kann, tut gar nichts, schaut höchstens voyeuristisch gelegentlich durchs Fernglas. Eine hübsche Blondine am Pool, eine gemeinsame Nacht – und weg ist sie. Was niemanden wundert außer Sam.
Auf der Suche nach ihr beginnt nun die Odyssee des Filmemachers für seinen Helden, die zur Quiz-Show für den Cineasten-Freak wird: immer wieder Bilder, Motive, Szenen, die absichtlich an andere berühmte Filme erinnern. Prompt ist man damit beschäftigt, sein Gedächtnis auf der Suche zu durchforsten, denn nicht immer liegt alles (wie bei Hitchcock) gleich auf der Hand. Nur eines steht fest: sehr „Film noir“ ist es schon. Und man darf auch ein bißchen „Hollywood-Sightseeing“ betreiben und zwischen den Gräbern der Filmstars herumstreifen.
 
So sehr sich Sam zuerst gelangweilt hat, gerät er nun auf der Suche nach seiner Schönen in eine Welt der Verschwörungstheoretiker. Jedes Zeichen – und sei es auf einem Comic-Titelbild – habe eine Bedeutung, lernt er, Urban Legends erzählen uns magische Dinge. Wir sind knüppeldicke in der Welt der Esoterik, und ganz schnell rutscht man immer wieder ins Absurde ab. Da wird vielleicht geschwätzt und geschwafelt, sinniert und spekuliert, daß es nur so eine Freude ist. Da kommen die ganz dicken Weisheiten (wie sie halt so in verkifften Köpfen kreisen): „Your living is a bad version of the life you should have…“ Zwischen Verfolgungswahn, Paranoia und billiger Welterklärung ist alles drin.
Ob man das verwirrend oder reizvoll findet, anregend oder anödend, das liegt im Auge des Betrachters. Gegen Ende – Effekt: Horror – gerät Sam (durch einen seltsamen Mann mit Papierkönigskrone) in ein unterirdisches Labyrinth, das sich als Grab für einen Guru und seine Jüngerinnen herausstellt, die schon in ganz anderen Bewußtseinsschichten schweben und auf das ultimative Abheben warten… Da fragt man sich, als Zuschauer mittendrin aufwachend: Mein Gott, wie sehr kann man spinnen?
Gut, daß Sam da irgendwie rauskommt. Ob er sein Pool-Mädchen findet, wird natürlich nicht verraten (aber irgendwie spielt Hundekuchen eine Rolle, oder?). Am Ende gibt es drei Argumente für Hardcore-Filmfans, sich das doch anzusehen: Erstens ist diese L.A. / Hollywood-Subkultur mit ihrem Esoterik-Fimmel immer wieder erstaunlich und schaurig unterhaltsam; zweitens kann man wirklich das Ratespiel „Aus welchem Film ist dieses Zitat“ spielen; und drittens ist Andrew Garfield ein starker junger Hauptdarsteller, dem man bei seinen Verwirrungen gerne zusieht.
 
Trailer  
 
Renate Wagner