Kitsch und Klischees - ein peinliches Remake

„Mein Bester & Ich“ von Neil Burger

von Renate Wagner

Mein Bester & Ich
(The Upside - USA 2017)

Regie: Neil Burger
Mit: Bryan Cranston, Kevin Hart, Nicole Kidman u.a.
 
Der Fall ist nicht neu. Die Franzosen produzieren einen Erfolgsfilm. Die Amerikaner sehen ihn schräg an und beschließen, daß er ihnen mit französischen Untertiteln gar nichts bringt (schon gar nicht bezüglich der Einspielergebnisse). Aber wenn sie ihn mit ihren Stars auf Englisch neu machen – dann ist es zwar immer etwas anderes, aber sie haben zumindest die Story. Und die Chance auf einen finanziellen Erfolg an den amerikanischen Kinokassen.
„Ziemlich beste Freunde“ stand 2011 fast am Beginn jener „Rassismsus-Light“-Filme, mit denen die Franzosen sich versichern, die Probleme des Multikulti-Alltags seien gar nicht so schlimm (ein Höhepunkt war Monsieur Claude, der einen islamischen, einen jüdischen und einen schwarzen Schwiegersohn bekam). Rund 20 Millionen Franzosen lachten im Kino erleichtert. In diesem Film hatte man auch noch das Klischee des „fröhlichen, unsentimentalen, nicht unterzukriegenden Todkranken“ mit dem des schwarzafrikanischen Pflegers gemischt, Reich und Arm, abgehoben und erdverbunden, die Gegensätze mögen hoch leben. Und es lebe vor allem, nach Scheingefechten, das Happyend.
 
Daß so ein Remake nie gute Kritiken bekommt, weiß man, so war es auch, trotz der sehr akzeptablen Besetzung, die die Amerikaner aufboten. Serienstar Bryan Cranston spielt Phillip Lacasse, den Millionär, Kunsthändler und -sammler, der beim Paragliden Pech hatte und jetzt gelähmt im Rollstuhl sitzt. Er kann nichts mehr bewegen außer Kopf und Hirn und, ja peinlicherweise, Sie wissen schon…
Kevin Hart ist Dell Scott, der fröhliche arbeitslose Afroamerikaner, der zu allen verordneten Vorstellungsgesprächen ohne Absicht, Arbeit anzunehmen, nur geht, damit er eine bestätigende Unterschrift bekommt – ohne diese ist es nämlich nichts mit der staatlichen Unterstützung Und Nicole Kidman (von der man neuerdings das Gefühl hat, sie spielte in jedem Film mit) ist die ungemein sympathische, liebenswerte Sekretärin des Gelähmten, den sie nur beschützen will. Vor allem vor jemandem wie diesem flapsigen Dell Scott, der ja auch von Krankenpflege keine Ahnung hat. Aber unser Millionär muß sich schon sehr langweilen im eigenen Käfig – er wählt den denkbar schlechtesten Mann, in der richtigen Ansicht, daß schon ein „wehmütiger“ Lustspielfilm aus ihrer Konfrontation werden könnte. Und den liefert Regisseur Neil Burger, von einer vorhersehbaren Pointe zur nächsten wandernd, immer schön auf geschliffenen verbalen Austausch achtend. Wobei die Lebensweisheiten auf beiden Seiten nur so sprühen. Gott, sind die Leute von der Straße vollmundig!
Sicher, es gibt einiges Treffende in diesem Film. Gleich zu Beginn – wie routiniert sich die Jobbewerber bestmöglich beim Einstellungsgespräch „verkaufen“ (da ist unser Dell Scott wirklich erfrischend); oder wenn es darum geht, was moderne Kunst ist, Dell einen Cy Twombly abhängt und statt dessen als Geschenk eines seiner naiven Tierbilder aufhängt – und die reichen Besucher des Kunsthändlers sofort bereit sind, das für neue Kunst, für teure neue Kunst!, zu halten.
 
Wenn es darum geht, den Kranken zu pflegen, ist der Film barmherzig – so grausam, wie das sein muß, kommt es nie über die Leinwand. Schließlich steht das zunehmende „Buddy-Gehabe“ der beiden Männer im Mittelpunkt, und wenn das Geschehen immer unglaubwürdiger wird, stört das wohl niemanden, weil die Geschichte ohnedies an sich nicht glaubhaft ist. Sie hat nur eine leider völlig richtige Aussage: Aufs Geld kommt es an. Wo wäre der Gelähmte, wäre er nicht Millionär (was er übrigens selbst weiß und sagt)? Und Dell ist auch erst wieder bei Freundin und kleinem Sohn willkommen, wenn er eine Menge Dollars auf den Tisch legt. Ja, so ist es, das Leben.
Es gibt viel klassische Musik in diesem Film, die der Kranke hört („Casta Diva“ und dergleichen) und die unser neuer Betreuer gar nicht goutiert (er haßt Oper sogar, bis er es sich - auch angesichts einer Live-„Zauberflöte“, wo er über den „Birdman“ lacht - überlegt). Im Zuge des Zusammenwachsens und Austauschens, worum es in dem Film geht, gibt es zum kitschigen Ende (wo dann lauter bunte Ballons am blauen Himmel herumfliegen) einen seltsamen Kompromiß: Nicht mehr Pavarotti singt „Nessun Dorma“, sondern eine faszinierende weibliche „schwarze“ Stimme in einer den Blues angenäherten Fassung. „Vincerò! Vincerò!“ Wer da nicht in die Knie geht!
 
Trailer    
 
Renate Wagner