Lufthoheit über den Stammtischen

Andreas Scheuer beim politischen Aschermittwoch in Passau

von Frank Becker

 Foto © Frank Becker
Lufthoheit über den Stammtischen
 
Worte eines Unfähigen
 
Andreas Scheuer hat nach dem Genuß von Bier und Radi aufgestoßen
 
Andreas Scheuer (…welcher Wortbestandteil steckt nochmal vielsagend in diesem Namen?), der augenblickliche deutsche Automobilminister hat gestern vor seinen politischen Aschermittwochs-Ansprache  offenbar ein weiteres Mal allzu heftig an den Auspuffrohren der Luxuskarossen der Oberklasse geschnuppert. Ohne nachzudenken und ohne Luft zu holen hat er in seiner peinlichen Passauer Rede die Worte Politik, CSU, Demokratie und Schulschwänzer im Bierhauch seiner Ausführungen sinnfrei zusammengewürfelt. Hat dieser der Verfassung, auch der bayrischen, gemäß ausschließlich dem Wohl des Volkes verpflichtete Minister vielleicht Angst davor, daß ihm die Jugend unseres Landes, die Jugend des von ihm in der Rede mehrfach beschworenen Europa beweist, was Demokratie wirklich bedeutet? Es ist zudem ein Affront gegen, ja ein Schlag ins Gesicht seiner noch amtierenden Chefin, der Bundeskanzlerin Angela Merkel, die berechtigten Umweltschutzforderungen der Freitagsdemonstrationen von Schülerinnen und Schülern, hinter die sich Angela Merkel ausdrücklich gestellt hat, als Schulschwänzen zu verunglimpfen. Das ist schamlos und zeugt von wenig Verstand und noch weniger Einsicht in die wirklich drängenden Probleme unserer Zeit.

Na klar, Herr Scheuer, wir wissen ja, daß Sie die Autoindustrie, der Sie ja schon mit der Ablehnung einer generellen Geschwindigkeitsbegrenzung von 130 km/h auf deutschen Autobahnen in den Auspuff gekrochen sind, nicht verschrecken möchten. Schließlich winken lukrative Posten nach ihrem Ausscheiden aus der Politik. Doch nur mit geringeren Geschwindigkeiten und weniger Spritverbrauch läßt sich – Beispiel Schweiz – die Umwelt wenigsten auf dem Sektor der Automobilität schützen. Daß die Zahl der Verkehrstoten ganz nebenbei dadurch in der Schweiz erheblich (um mehr als 80 %) zurückgegangen ist, sei der Vollständigkeit halber erwähnt. Fragen Sie mal den klugen und keiner Lobby hörigen Herrn Moritz Leuenberger, der sich weigern würde, Sie als Kollegen zu bezeichnen.
 
Daß es Schüler braucht, um auf das Dilemma der Diskrepanz zwischen praktiziertem Umweltschutz und politischer / wirtschaftlicher Wirklichkeit aufmerksam zu machen – was Ihre Pflicht und die Ihrer Ministerkollegen wäre, Herr Scheuer – stellt unserer Politik, die anscheinend nur die Reichen und die Mächtigen vertritt, und vor allem Ihnen ein Armutszeugnis aus. Es wäre interessant zu wissen, ob Sie den Mut hätten, sich öffentlich einem Gespräch mit diesen verantwortungsvollen jungen Menschen zu stellen.
Herr Scheuer, Sie zeigen sich immer mehr als ein schlimmer, sich beim bayrischen Volk anbiedernder, dabei ausschließlich wirtschafthöriger Populist, der allenfalls die Lufthoheit über den Stammtischen (Ihr Zitat) hat. Ihre Passauer Rede gestern, die mit „Gott mit dir du Land der Bayern!“ (soviel zu Europa) endete und der lahme Applaus in der gut gefüllten großen Halle haben es beschämend belegt. Und noch etwas: Ein Franz Josef Strauß werden Sie nie!
 
Frank Becker