Entrückend - berückend

Sonatenabend mit Barbara Buntrock und Christian German Ruvolo

von Frank Becker

Entrückend - berückend
 
Die Bratschistin Barbara Buntrock gab mit ihrem Klavierbegleiter Christian German Ruvolo
in der Evangelischen Stiftung Tannenhof einen hinreißenden Sonatenabend
 
Entrückend war vom ersten Strich an das gefühlvolle Spiel der bezaubernden Barbara Buntrock auf der Viola, diesem raren, wohlklingenden Solo-Instrument, das nur zu selten aus dem Schatten tritt, obwohl es doch Urahn der ganzen Violinenfamilie ist. Berückend die schöne junge Solistin im figurbetonten langen schwarzen Kleid, das braune Haar im Nacken zum Knoten gebunden.

Zum Träumen verführend die Musik Regers, mit dessen Suite op. 131d Nr. 3 für Viola allein sie das höchsten Ansprüchen genügende kammermusikalische Ereignis eröffnete, ein wundervoller Auftakt für den gelungenen Sonatenabend, den die Evangelische Stiftung Tannenhof in Remscheid-Lüttringhausen am vergangenen Sonntag gab. Mit zwei Schwestern zu Regers Spätwerk zählend, strahlt seine Suite im sanften Glanz einer Frauenstimme zwischen Mezzo und jugendlichem Alt. Barbara Buntrock erfüllte die vier Sätze virtuos mit Leben und Sentiment, warm und besinnlich in Moderato, Vivace und Adagio, temperamentvoll im abschließenden Allegro vivace.
Vor den „schiefen“ Vierteltönen in György Ligetis Sonate für Viola solo gewarnt, konnte man anschließend dem konzentrierten und einfühlsamen Spiel der Solistin folgend die Intention des Komponisten erfahren und sich in die zeitgenössische Komposition hineinziehen lassen. Mit Bravour bewältigte Barbara Buntrock dieses nicht nur für den Hörer diffizile Stück, aus dem sie zwei Sätze bot.

Hauptstück wurde Franz Schuberts Sonate a-Moll D 821 für Klavier und Arpeggione, ein  1823 entwickeltes Streichinstrument mit nur kurzem Leben. Heute wird das Stück  auf dem Cello oder der Bratsche gespielt. Der wie Barbara Buntrock vielfach ausgezeichnete Mailänder Pianist Christian German Ruvolo trat für dieses Duo als idealer Partner hinzu. Weich sein Anschlag am kleinen Flügel, weich und flüssig auch sein Spiel in der Folge, sanft akzentuiert und sich in vollkommener Harmonie mit dem Ton der Viola verbindend.
Im Zusammenspiel der beiden Instrumente zeigten sich klangvolle Größe und Humor in perfekter Ausgewogenheit. Wie hin- und hergerissen zwischen Salonromantik und ungarischem Temperament der heitere 1. Satz, energisch der 3. Satz. Die erhabene, das Herz bezwingende Schönheit des zweiten Satzes Adagio, in der vorzüglichen Interpretation Buntrocks und Ruvolos voller Leben, nuancenreich und glänzend abgestimmt, wäre eine Schallplattenaufnahme wert gewesen. Der anhaltende Applaus legte Zeugnis dafür ab.
 
Frank Becker, 22.8.05