Ziemlich grob gestrickt und genderlastig

„Was Männer wollen“ von Adam Shankman

von Renate Wagner

Was Männer wollen
(What Men Want - USA 2019)

Regie: Adam Shankman
Mit: Taraji P. Henson, Aldis Hodge, Josh Brener u.a.
 
Ja, manchmal möchte man es gerne können – Gedanken lesen nämlich, wissen, was hinter der Stirn der Mitmenschen vorgeht, die sich genau so gut verstellen können wie man selbst. Die lächeln und die größten Gemeinheiten dabei denken. Oder Anzüglichkeiten. Oder was immer… Im Leben geht’s nicht, aber wir haben ja das Kino: 2000 gab es einen witzigen Film mit Mel Gibson unter dem Titel „What Women Want“, und da konnte er plötzlich laut und deutlich hören, was sich in den Frauenköpfen abspielt.
Nun, wir sind im 21. Jahrhundert, vieles hat sich rasant verändert, der Gender-Kampf blüht, Frauen wollen den Männern rein gar nichts mehr ungeprüft allein überlassen. Also wurden schon genug Filme „umgedreht“ („Ghostbusters“, „Ocean’s Eleven“ u.a.) und mit Frauen in den Männerollen präsentiert. Und mehr noch – wir sind auch in Rassenfragen weiter, die Welt ist nicht mehr „Weiß“, die früheren absoluten Herrscher haben sich unter dem Druck demütig zurückgezogen: Kurz, aus Mel Gibson wurde Taraji P. Henson, attraktiv, selbstbewußt, schwarz – und zwischendurch mit der Gabe gesegnet, zu hören, was ihre Mitwelt wirklich im Kopf hat und meint.
 
Anfangs freilich wirkt der Film wie eine Variation von „Manhattan Queen“ mit Latina Jennifer Lopez, wo es darum ging, daß tüchtige Frauen von Männern klein gehalten werden und sie mit Klauen und Zähnen um ihren beruflichen Aufstieg kämpfen müssen. Das geschieht auch Alison „Ali“ Davis, die man dabei kennenlernt, wie sie im Schweiße ihres Angesichts auf einem Trimmrad unterwegs ist, ihren weißen Assistenten Brandon (Josh Brener) scheucht und bei der Sitzung in der Sport-Promotion-Firma, in der sie arbeitet, endlich darauf wartet, die ersehnte Spitzenstellung zu bekommen. Schnecken, sie geht an einen weißen Mann. Wie das einmal so ist. Aber die Frauen von heute geben nicht auf…
Was wie eine grimmige Komödie aus der Arbeitswelt beginnt, rutscht in Fantasy-Gefilde, wenn man bei einer Mädels-Party eine Art Hexe oder Wahrsagerin mit „psychic“ Kräften engagiert und Ali ein undefinierbares Getränk schlürft, das ihr die Gabe verleiht, die Gedanken der Mitmenschen (und was Männer denken – untergriffig und unterleibig, wie anders!) zu hören. Im Gegensatz zu Mel Gibson im früheren Film, wo ein Mann schon gescheiter werden kann (sie sind ja manchmal so ahnungslos, was Frauen betrifft), haben Frauen das nicht nötig: Die kennen sich in der Männerwelt ohnedies aus – zumindest solche, die so smart sind wie Ali (und die ihre Frustrationen männlich damit abarbeiten, mit Boxhandschuhen einen Sandsack zu bearbeiten).
 
So nimmt die Geschichte eigentlich ihren üblichen Komödienweg, wobei sich Ali einen feschen Barmann Will (Aldis Hodge) angelt, in die üblichen Mißverständnisse gerät (er hat einen kleinen Sohn, aber nein, er ist nicht verheiratet, er ist Witwer), schließlich der weißen Mitwelt eine Lügenstory auftischt (damit es nicht heißt, Karrierefrauen seien auf jeden Fall frustriert und einsam) und die beiden der Männerwelt als ihre Familie vorstellt (was dann bei Will, der sich benützt fühlt, wieder nicht so gut ankommt…).
Schließlich geht ihr alles auf die Nerven, sie geht zur Hexe, will die Gabe des Gedankenhörens wieder los werden (die Dame hält sie für verrückt, ein so kostbares Geschenk zu verschmähen) … ja, und am Ende ist ohnedies alles happy. Da dreht Ali (und das ist der Traum jeder Karrierefrau) ihrer Firma und der miesen Männerwelt den Rücken und pascht mit ihrem besten Schützling, einem Boxer, in die Selbständigkeit ab. Ja, und ein Happyend gibt es auch. Und? Im Grunde alles wie immer.
Hauptdarstellerin Taraji P. Henson ist eine Temperamentsbombe, bei uns nicht so bekannt, weil vor allem in amerikanischen Fernsehserien und als Sängerin, filmisch aber bisher nicht in großen Rollen unterwegs. Das wird sich ändern, sie hat die Power, eine Komödie zu tragen, wenn auch alles, was sie tut, ziemlich grob gestrickt ist – wie der ganze Film von Regisseur Adam Shankman.
Manchmal hat man das ungute Gefühl, es gehe vor allem um ein Statement – seht her, wir laufen auf der richtigen Schiene. Ja, ja, tut ihr. Aber erst wenn in all diesen Dingen (Gender, Hautfarbe) etwas mehr Lockerheit herrscht, kann man anfangen, richtig zu arbeiten. Wenn nichts mehr bewiesen und mit dem Zeigefinger belehrt werden muß…
 
 
Renate Wagner