Die vierte Kraft - Klaus Rinke zum 80. Geburtstag

MKM-Museum in Duisburg präsentiert rund 300 Werke des Künstlers Klaus Rinke

von Andreas Rehnolt

Foto © Frank Becker

„Kunst war für mich immer wie Religion“
 
Die vierte Kraft
 
MKM-Museum in Duisburg präsentiert rund 300 Werke des Künstlers Klaus Rinke
 
Von Andreas Rehnolt
 
Duisburg - „Kunst war für mich immer wie Religion. Nach dem Krieg war das unsere Freiheit. Wir haben für die Freiheit der visuellen Gedanken gekämpft.“ Mit diesen Worten präsentierte jetzt der weltberühmte Künstler Klaus Rinke im Duisburger MKM-Museum die vermutlich erste umfassende Ausstellung zu seinem zeichnerischen Werk. Die Schau ist noch bis zum 23. Juni zu sehen und zeigt unter dem Titel „Die vierte Kraft“ insgesamt rund 300 zum Teil riesig große zeichnerische Arbeiten des vor 80 Jahren am 29. April 1939 in Wattenscheid geborenen Rinke. Der gilt nach den Worten von Kurator Robert Fleck als die zentrale Persönlichkeit der Düsseldorfer Kunstszene um Joseph Beuys sowie als „führender Konzept- und Körperkünstler“ in Deutschland.
Grandios, die riesigen und raumfüllenden schwarz-grauen Grafitbilder, die Rinke 2006 für die Haghia Sophia im türkischen Istanbul schuf und die seither noch nirgendwo anders präsentiert wurden. 4,80 mal 3,70 Meter mißt etwa das Werk, das der Ausstellung den Namen gab: „Die 4. Kraft die übergeordnete Energie“. Die vierte Kraft ortet Rinke nach eigenen Worten „hinter dem Vater, dem Sohn und den Heiligen Geist“ an.
Der Künstler bezeichnete sich selbst beim Ausstellungsstart als „katholischen Atheisten“. Sein Großvater war Küster in einer Kirche. „Ich bin schon als kleiner Junge mit Kirchenglocken und Weihrauchduft geweckt worden.“ Mit seinem Künstlerkollegen Joseph Beuys, wie Rinke viele Jahre als Professor an der renommierten Kunstakademie Düsseldorf, habe er die katholische Erziehung gemeinsam.
 
„Wir haben beide wie Missionare ans Heil der Menschen geglaubt“, so Rinke beim Gang durch die grandiose Ausstellung im lichtdurchfluteten MKM-Museum im Duisburger Innenhafen, das geradezu auf die düsteren gigantischen Bilder gewartet zu haben schien, um ihnen den notwendigen großzügigen Platz anzubieten. Für den wohl schönsten Istanbuler Sakralbau, der heute ein Museum ist, schuf Rinke auch andere Riesenbilder mit Titeln wie etwa „Am Anfang war die Träne“, „Die trauernden Witwen“, „Die Vorbestimmtheit“ oder „Das ernste Geschäft“.
Geradezu monströs auch die Arbeit „Die Geburt des Lichts und die Assistenz“, die tatsächlich 7,20 mal 3,70 Meter mißt und ebenfalls bislang nur in der Hagia Sophia ausgestellt war. Alle diese Riesenbilder ähneln nach den Worten von Museumsdirektor Walter Smerling an Gobelins. Und Rinke bestätigt das.


Foto © Frank Becker

In seinen Jahren als junger Künstler in Frankreich habe er ein Atelier gleich neben der Kathedrale in Reims gehabt, in der ihn besonders die zahlreichen Gobelins beeindruckt hätten. „Rinkes große Zeichnungen erinnern deshalb wohl auch mehr an Wandteppiche, denn an Tafelbilder“, meinte Smerling vor der Eröffnung der Schau. In den Zeichnungen verdichtet sich das Interesse des Künstlers am Wesenskern der Welt: Zeit und Räum, Körper und Schwerkraft, Ursprünglichkeit von Wesen und Form, Prozeß und Handlung“, so der Museumschef weiter.
Rinke selbst erklärte beim Rundgang durch die Schau, er habe „unter dem Bügeltisch meiner Mutter“ das Zeichnen begonnen und dabei „gesehene und gedachte Handlungen in Krickelkrakel“ umgesetzt. „Im Krickelkrakel liegt die ganze Welt. Du brauchst Vorstellungsvermögen, um es zu erkennen und dann natürlich die Fähigkeit es in die Welt zu setzen“, meinte der Künstler.
 
Neben den zahllosen Zeichnungen fällt dann auch die einzige Skulptur in der Ausstellung auf. Es handelt sich um das 2003 entstandene schwergewichtige Werk „Regentropfen nach Tschernobyl“, eine Polyesterarbeit grafitiert und handpoliert vor einer weißen Leinwand. Auch die erst in diesem Jahr entstandenen, großformatigen und farbigen Werke wie etwa das Bild „Wohin gehst Du? Global Warming“ sind zu sehen. Fast alle anderen Werke in der Schau sind schwarz oder zumindest in unterschiedlichen Grautönen gehalten.
Die Ausstellung findet im Rahmen der Reihe „Akademos“ statt, mit der das Museum in Duisburg die Professoren der Kunstakademie Düsseldorf würdigt. Rinke lehrte dort 30 Jahre lang. Der Künstler lebt und arbeitet in Los Angeles sowie im österreichischen Linz. Bevor er an der Essener Folkwang-Hochschule Malerei studierte, absolvierte er zunächst eine Ausbildung zum Dekorations- und Plakatmaler. Stolz ist Rinke auch darauf, daß er seinen Bildern stets einen Namen gibt. Er sei „kein o. T.-Künstler. Ich weiß schon, was ich male.“


Foto © Frank Becker

Die Ausstellung ist mittwochs von 14 bis 18 Uhr sowie donnerstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet.
Kontakt: Museum Küppersmühle für Moderne Kunst MKM - Philosophenweg 55 - 47051 Duisburg - Tel: 0203-301948-12
 

Redaktion: Frank Becker