Darum hat Wuppertal
mit dieser Broschüre
keine Wahl
Das Infoheft in den Unterlagen zur Seilbahn-Wahl
hilft nicht, sich anhand von ausgewogenenen
Informationen eine Meinung zu bilden.
Eine Analyse von Lothar Leuschen
Die Ankündigung des Stadtkämmerers hat auf eine sparsame Informationsbroschüre schließen lassen. Was Johannes Slawig den 270 000 Wuppertalern in der Seilbahnfrage nun aber an die Hand gab, geht weit über sparsam hinaus. Es ist fast nichts. Die Begutachtung der Broschüre dauert mangels Umfang nicht sehr lang, fördert wenige und schon gar keine neue Fakten zutage. Statt der von Slawig gegenüber der Westdeutschen Zeitung angekündigten 16 umfaßt das Heftchen zwölf Seiten. Da Vorder- und Rückseite für das Deckblatt beziehungsweise für das Grußwort vorgesehen waren, bleiben zehn Seiten.
In diesem Zusammenhang erweist es sich als mißlich, daß in den Freien Wählern aus der Wählergemeinschaft für Wuppertal vor Wochenfrist
Was der Broschüre fehlt, sind von der Stadtverwaltung, also von (hoffentlich) neutraler Stelle vorgetragene Argumente gegen den Bau der Seilbahn. Wer sich nicht auf die Einschätzung der SPD (pro) oder der Linken (contra) oder die Auflistung der Freien Wähler verlassen will, wer von der Stadt ausgewogene Wahlhilfe erwartet hat, dem ist mit dieser äußerst dünnen Broschüre nicht geholfen. Das ist angesichts der Kosten von etwa 250.000 Euro insgesamt für die Bürgerbefragung bedenklich. Denn der Preis für die Broschüre ist darin enthalten, und er wird von allen Wuppertaler Steuerzahlern beglichen, egal ob sie für oder gegen die Seilbahn sind.
Außerhalb des Rathauses läuft der Kampf um die Meinungshoheit auf vollen Touren. Nach dem teils lebhaften Stadtgespräch auf WDR 5 am vergangenen Donnerstag nimmt sich auf Einladung der SPD am Dienstag (heute) ab 19 Uhr ein Podium in der Alten Feuerwache des Themas an. Und die Universität mischt mit einem Schreiben von Rektor Lambert Koch munter mit. Es ist an alle Studenten gegangen, auch an jene 14.000, die mangels erstem Wohnsitz in Wuppertal nicht abstimmen dürfen. Koch betont die Wichtigkeit des Projektes für die Uni und die Zukunftsfähigkeit Wuppertals. Daß er dabei die Argumente der Widersacher vollständig ignoriert, ist, anders als bei der Broschüre der Stadt, legitim, wenn vielleicht auch nicht sehr geschickt.
Denn neben den aufgeführten und anscheinend auch belastbaren Gründen für die Seilbahn, sprechen ebenso vernünftige Argumente dagegen. Dazu zählt das Kostenrisiko, das bei den Stadtwerken liegt. Mindestens ebenso gewichtig ist für die Bewohner der Südstadt der Umstand, daß die WSW den Busfahrplan ausdünnen wollen. Noch schwerer wiegt für die Anwohner gleich unter der Seilbahntrasse der Verlust von Privatsphäre dadurch, daß alle 16 Sekunden eine Seilbahngondel über ihr Grundstück schwebt. Und nicht zuletzt droht den Eigentümern unter den betroffenen Anwohnern ein Wertverlust ihrer Immobilie. Mit all diesen Gegenargumenten im Inhalt hätte die Broschüre aus dem Rathaus trotz ihres überschaubaren Umfangs eine Entscheidungshilfe sein können. So ist sie nur ein kostspieliges Ärgernis.
Die Analyse erschien am 4. Mai 2019 in der Westdeutschen Zeitung.
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors.
Lesen Sie bitte zum Thema auch diesen → Kommentar.
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