Kein Film, den man sich unbedingt merken wird

„Greta“ von Neil Jordan

von Renate Wagner

Greta
(Irland/USA 2018)

Regie: Neil Jordan
Mit: Isabelle Huppert, Chloë Grace Moretz, Maika Monroe u.a.
 
Frances McCullen ist Kellnerin, eine reizende, unschuldsvolle junge Frau in New York, die mit einer guten Freundin zusammen lebt. Wer immer in dieser Stadt eine Handtasche fände, würde sie behalten oder wegwerfen… aber Frances findet die Daten der Eigentümerin und bringt sie ihr zurück: Auftritt Greta, und der Psychothriller von Regisseur Neil Jordan (der lange künstlerisch geschwiegen und überhaupt bessere Zeiten gesehen hat (zwischen „Mona Lisa“ und „The Crying Game“, „Interview mit einem Vampir“ und „Michael Collins“), hebt an.
Also steht Chloë Grace Moretz (die noch jünger wirkt als ihre 22 Jahre) mit ihrem reizend harmlosen Gesicht vor Isabelle Huppert, die sie hoch erfreut herein bittet. Alterslos und immer etwas rätselhaft, könnte diese französische Klavierlehrerin die Mutter dieser jungen Frau sein, die gerade selbst ihre Mutter verloren hat. Und die Tochter dieser Greta, was ist mit dieser? Zwei Frauen mit Komplexen, das könnte eine echte Beziehung ergeben in einer Welt der Einsamkeit (obwohl Francis in ihrer Mitbewohnerin Erica eine echte Freundin hat, die sich bis zum Ende des Films als Stimme der Vernunft bewährt…).
Aber so harmlos geht es nicht zu im Kino, der Zuschauer weiß ja, daß er in einen Krimi / Thriller gekommen ist – und besondere Überraschungen erlebt man nicht. Greta ist eine Besessene, die sich als angsterregende Stalkerin herausstellt, und wenn sie Francis, die sich zunehmend gegen die Besitzansprüche wehrt, kidnappt (was niemanden sonderlich überrascht), fließt auch Blut und es kommt zu einiger tobenden Verzweiflung. Gut ausgedacht das – doch noch! – Happyend für die Heldin, womit nicht Greta gemeint ist.
 
Filme dieser Art leben von den Darstellern, in diesem Fall Darstellerinnen, und wenn man die Huppert hat, ist schon das meiste gewonnen. Sie ist herrlich hintergründig, changiert die Stimmungen, mit denen sie die junge Frau manipulieren will, zeigt uns aber auch (Gesicht und Körpersprache sind eine souveräne Demonstration großen Schauspieler-Handwerks) ihre eigene innere Spannung und Entschlossenheit. In einer Szene steht sie in Regenmantel und mit Hut wie weiland Marlene Dietrich vor dem Restaurant, in dem Francis arbeitet, und starrt durchs Fenster… da kann man schon Gänsehaut bekommen. Sie verfolgt Francis ins Restaurant, mit Anrufen, mit Drohungen, schließlich mit Gewalt. Gut und schön. Dennoch bleibt die Frage im Grunde unbeantwortet, warum eine Schauspielerin wie die Huppert sich einen Film antut, der im Rahmen seines Genres abgegriffen und zweit- bis drittklassig ist.
Auch Chloë Grace Moretz als Francis ist bemerkenswert, anfangs wirklich die Unschuld in Person, nachher kriecht ihr der Schrecken in die Glieder, sie beginnt verständlicherweise zu paniken, und eingesperrt von einer Verrückten kann sie nur zu toben beginnen. Stephen Rea (wie lange hat man ihn nicht gesehen!) sucht als Detektiv vergeblich nach ihr, Freundin Erica (Maika Monroe) ist schlauer.
Der Regisseur zieht eine Routine-Geschichte, die durchaus an Einförmigkeit krankt, routiniert ab und verläßt sich zu Recht auf seine Darstellerinnen. Dennoch ist kein Film daraus geworden, den man sich unbedingt merken wird.
 
Vorschau   
 
Renate Wagner