Fashion Material

Ausstellung im Textilwerk Bocholt zeigt die Modewelten von Stephan Hann

Red./Are/Bec.

Stephan Hann, Bilder und Fundstücke aus dem Atelier - Foto: LWL/Betz
Fashion Material
 
Ausstellung im Textilwerk Bocholt
zeigt die Modewelten von Stephan Hann
 
Plastiktüten, Telefonbuchseiten oder Videobänder - der Berliner Künstler Stephan Hann schneidert seine Couture aus Materialien, denen wir keine Beachtung schenken. Kombiniert mit edler Seide, Spitze oder Kristallen entstehen Kleider, bei denen die Grenze zwischen Mode und Kunst verschwimmt. Zu sehen sind sie ab 26. Mai in der Ausstellung „Fashion Material“ im Textilwerk Bocholt. Bis 6. Oktober lädt der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) in seinem Industriemuseum zu einer Reise in die phantastischen Modewelten von Stephan Hann mit rund 60 Objekten des Künstlers ein.

„Wenn wir ehrlich sind: Unsere Kleiderschränke sind voll. Aber die Modeindustrie möchte gerne, daß wir sie immer wieder neu füllen. In Modezeitschriften und auf Social Media-Plattformen sehen wir immer neue Trends und werden zum Kaufen aufgefordert. Stephan Hann setzt sich in seinen Kreationen mit genau dieser Kurzlebigkeit und dem Konsum auseinander. Seine außergewöhnlichen Kreationen lassen uns nachdenken über das Diktat des immer Neuen in der Mode“, erklärte Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger am Mittwoch (22.5.) bei der Vorstellung der Ausstellung in Bocholt.

Die Ausstellung „Fashion Material“ ist Teil des Verbundprojektes „Alles nur geklaut? Die abenteuerlichen Wege des Wissens“ mit insgesamt sechs Ausstellungen an verschiedenen Standorten des LWL-Industriemuseums. „In Bocholt greifen wir mit der Mode einen Aspekt des Themas auf, der jeden von uns betrifft. Wir fragen: Kann Mode überhaupt neu sein, oder ist das, was uns als letzter Schrei verkauft wird, schon einmal dagewesen und folglich doch irgendwie geklaut?“, so Martin Schmidt, wissenschaftliche Referent im Textilwerk Bocholt und Kurator der Ausstellung.

Hann ist gelernte Herrenmaßschneider und Modedesigner. Für seine Roben verwendet er alltägliche Materialien: Telefonbuchseiten, Zeitungen, Malervlies, Architekturpläne, Videoband oder Plastiktüten und andere Verpackungen. Dazu spielt der Berliner mit ikonischen Schnitten und Formen und veredelt seine Entwürfe durch den Einsatz von Seide, Spitze oder glitzernden Steinen. „Dadurch entsteht eine völlig neue ästhetische Wertigkeit. Allen Werken ist eine unglaubliche Eleganz zu eigen. Sie spielen mit Erinnerung, entlarven den Luxus und kommentieren den unstillbaren Hunger unserer Gesellschaft nach Konsum“, sagt Schmidt.


Stephan Hann, Kleid aus Tetra Pack - Midnight Venus - Foto: LWL/Betz

Als „Kommentar“ zu den Objekten von Hann zeigt das LWL-Industriemuseum Arbeiten von Modedesign-Studierenden der Hochschule Hannover. Upcycling, Recycling und Zero Waste sind Bausteine ihres Forschungsprojekts „use less: Designstrategien gegen Verschwendung und häßliche Kleidung“. Sie handeln getreu dem Motto von Vivienne Westwood „Buy less, choose well, make it last“ [Weniger kaufen, bewußt auswählen und gut behandeln]. Auch von der Designerin finden sich fünf Kreationen in der Bocholter Ausstellung. Sie werden ergänzt um Entwürfe aus der Hand des italienischen Modeschöpfers Giorgio Armani.

Eröffnung
„Bekleidung, Modewelten und Design sind Themen, die ein Industriemuseum beschäftigen dürfen, ja müssen, insbesondere dann, wenn es in einer lebendigen Textilregion wie dem Westmünsterland zu Hause ist“, erklärt Dieter Gebhard, Vorsitzender der LWL-Landschaftsversammlung. Er wird die Gäste bei der Eröffnung der Ausstellung am Samstag (25.5.) um 18 Uhr begrüßen. Christa Frins und Martin Schmidt vom LWL-Industriemuseum führen in die Ausstellung ein. Anschließend diskutieren Schmidt und Hann im „Fashion Talk“ über Mode, bevor DJane Mira Falkenstein zur Aftershow-Party auflegt.


Stephan Hann, Papier und Swarovki-Steine - Forever and a day - Foto: LWL/Betz


Stephan Hann - Biographie
geboren 1970 in Berlin; 1987 bis 1990 Herrenmaßschneiderlehre an der Deutschen Oper Berlin; 1991 bis 1996 Studium der Szenografie und Mode an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee, Arbeitsaufenthalte 2000 bis 2006 in Paris und 2012 bis 2014 in Wien, lebt und arbeitet seit 2014 in Berlin.
 
Weitere Informationen: www.lwl.org