Popanze reimgewür(di)gt

Thomas Gsella – „Personenkontrolle“

von Frank Becker

Popanze reimgewür(di)gt
 
Jedem, was ihm gebührt
 
Wer hat nicht schon alles über Leute von heute geschrieben: Siegfried Lenz, Mila van Laak, Peter Kupfer, Karl Ferdinand Pausch, Johannes Roestel… Uns aber erinnert Thomas Gsellas jüngst erschienener lyrischer Rundschlag „Personenkontrolle. Leute von heute in lichten Gedichten“ spontan an Hans Traxlers „Leute von gestern“, denn auf dessen hohem Humor-Niveau bewegt sich Gsella leichtfüßig mit eleganter Häme in seinen feinen Reimen.
 
Gsellas Personenkontrolle legt seit 2013 in nun sieben Jahren lyrisches Maß an, vergleicht Äußerungen und Taten sogenannter großer Leute mit den Werten des humanistischen Abendlands und überprüft Berechtigungen: Darf dieser Mensch Polizeichef sein? Papst? Aufsichtsratsvorsitzender? Schlagerqueen? Gesundheitsminister? Bundespräsident? Überhaupt Politiker? Gar Vorbild?
Sie wissen es, ich weiß es auch, und vor allem Thomas Gsella weiß es: Unserer Gesellschaft stolzieren Leute voran, die sich für wichtig halten, andere das glauben machen und folglich allgemein als wichtig angesehen werden. Dabei sind das oft nur aufgeblasene Popanze, die normalerweise so interessant sind wie das Umfallen eines Fahrrades in Hamburg. Dazu gehören u.v.a. zwei ziemlich unwichtige und dummdreiste Burschen namens Felix Martin Andreas Matthias Blume und Farid Hamed El Abdellaoui, die sich etwas anders nennen (war wohl zu lang) und dumme Sachen lautstark herausposaunen. Ihr Portrait hier:



Kollegah und Farid Bang

© Hilke Raddatz


Zwei Hochbegabte sehen wir.
Ihr Hirn ist grad am Laden.
Auch ihr Problem verstehen wir:
Wer zu viel denkt, nimmt Schaden.
Dann wird die Birne viel zu warm.
Und wenn sie erst mal voll ist,
Dann rutscht sie in den Oberarm,
Was auch nicht wirklich toll ist.
Dann schimpfen Muckis super cool
Und super gern auf Schwule.
Doch oft sind Schwulenhasser schwul,
Vor allem derart coole.
 
Soviel zu „wichtigen“ Leuten aus der „Kultur“ (man kann da gar nicht genug Abführungszeichen setzen - siehe auch → hier!).

Aber manchmal liebt er sie auch, und auch da ist man ganz bei Thomas Gsella, wenn er z.B. ein Loblied auf Rowan Atkinson anstimmt, Jan Böhmermann zur Seite steht oder Loriot gratuliert.
Bedauerlicherweise kam der politische Doppelschlag, mit dem eine unfähige Kriegsministerin gegen eine andere unfähige Kriegsministerin ausgetauscht wurde, um der ersten unfä…… -  Sie wissen schon – am Wählerwillen und allen Regeln vorbei einen hoch dotierten Posten zuzuschanzen, erst nach Drucklegung für dies wichtige Buch. Ich hoffe, Thomas Gsella wird Gelegenheit bekommen, auch dies hier oder dort angemessen zu würdigen.
 
Thomas Gsella – „Personenkontrolle“
Leute von heute in lichten Gedichten aus sieben Jahren
Illustrationen von Hilke Raddatz
© 2019 Verlag Antje Kunstmann, 192 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag -  ISBN: 978-3-95614-287-1
16,- €

Weitere Informationen: www.kunstmann.de